Heinrich Josef Scheidtmann

Neviges, Deutschland
gestorben: 
17. September 1943 Dortmund

http://www.erport-do.de/wiki/index.php/Scheidtmann,_Heinrich_Josef_jun. Scheidtmann, Heinrich Josef jun. Heinrich Scheidtmann wurde am 16. Mai 1914 in Neviges als Sohn des Landwirts Heinrich Josef Scheidtmann und seiner Ehefrau Elisabeth, geb. Armenat geboren. Die Ehe der Eltern scheiterte soweit ersichtlich bereits vor 1926 und wurde 1929 geschieden. Die Mutter verzog nach Lüttringhausen bei Remscheid, später nach Wuppertal. Der Vater heiratete später erneut. Der Sohn verblieb wohl zuerst beim Vater mit Wohnsitz in Langenberg. Auch der Vater wurde später ein Opfer des Systems. Er soll mehrfach vorbestraft gewesen sein, darunter wegen Getreideschieberei. Am 10. November 1942 wurde er von der Kripo in Wuppertal festgenommen. Am 30. Juni 1944 wurde er in das KZ Buchenwald verbracht, wo er am 27. März 1945 verstarb. Die Mutter soll 1933 Schwierigkeiten wegen Verteilens von Flugblättern bekommen haben. Näheres ist aber bisher nicht bekannt. Nach dem Tod ihres einzigen Kindes verfiel Sie körperlich und geistig immer mehr. Sie verstarb im März 1950 in einer Nervenheilanstalt. Bis zur Volljährigkeit lebte Heinrich Scheidtmann wohl bei seinem Vater, aber 1935 ist er in Wuppertal bei seiner Mutter gemeldet. Über seine berufliche Ausbildung konnte bisher nichts ermittelt werden, doch wird in seinen Militärakten als Zivilberuf Buchhalter genannt. Im Hause der Mutter lebte Mitte der 30er Jahre auch eine junge Frau namens Erna S., mit der er in Kontakt kam. Im Dezember wurde unehelich der gemeinsame Sohn Karl-Heinz geboren. Eine Ehe kam nicht zustande. Die Mutter soll ihr Kind nach kurzer Zeit in einem Heim abgegeben haben, worauf die Großmutter das Kind zu sich nahm. In einem späteren Heim-Personalbogen des Kindes wurde vermerkt: „Mutter unbekannten Aufenthalts, soll äußerst leichtsinn. u. lasterh. Lebensw. führen.“ Im Zivilleben sammelte Heinrich Scheidtmann drei gerichtliche Bestrafungen an. Im Juni 1933 erhielt er vom Amtsgericht Langenberg wegen Jagdvergehens eine Geldstrafe von 30 RM. Anfang Februar verurteilte ihn dasselbe Gericht wegen eines einfachen und eines schweren Diebstahls zu drei Monaten und eine Woche Gefängnis. Ein Teil des Vollzuges wurde ihm durch eine Amnestie erlassen. Beide Strafen erhielt er, als er noch bei seinem Vater wohnte. Später im April 1939 kam noch Geldstrafe von 25 RM wegen Fahrens ohne Führerschein durch das Amtsgericht in Breisach hinzu. Vom 1. Oktober 1935 bis zum 30. September 1937 leistet er seinen Wehrdienst beim Infanterie-Regiment 99 ab. Im Herbst 1936 kam er für sechs Wochen zum Flieger-Horst Schleißheim. Scheidtmann erwies sich als nicht gerade disziplinierter Soldat. Während der zwei Jahre erhielt er fünf geschärfte Arreststrafen. Dreimal wegen Verstoßes gegen den Zapfenstreich, einmal wurde er in Zivil in einer Gaststätte ertappt und einmal war er bei einer Übung unerlaubt zum Wasserholen gegangen. Die Höchststrafe waren sieben Tage Arrest, weil er den Zapfenstreich gleich um elfeinhalb Stunden überschritten hatte. Trotzdem wurde er befördert. Am 1. Juni 1936 wurde er Oberschütze und bei der Entlassung wurde er zum Gefreiten ernannt. Die letzte Strafe wurde erst nach seiner Wiedereinberufung im Herbst 1940 vollstreckt. Am 27. August wurde er erneut mobilisiert und zum Infanterie-Regiment 216 einberufen. Am 1. April 1940 wurde er zum Obergefreiten befördert. Im Rahmen dieser Einheit nahm er am Westfeldzug teil und wurde am 9. Juni 1940 südlich von Amagne durch Granatsplitter verwundet. Das Reservelazarett Dillingen meldete „Durchschuß im Hals und Rücken links“. Am 12. Juli wurde er zum Ersatztruppenteil seiner Einheit nach Straßburg entlassen. Im Oktober erhielt er seine letzte Disziplinarstrafe. Weil er die Kaserne unerlaubt verlassen hatte und erst zwei Tage darauf zurückgekehrt war, wurde fünf Tage geschärfter Arrest verhängt. Bis zum 28. Dezember 1940 gehörte er zu Ersatzbataillon des Regimentes 216, dann wurde er zum Infanterie-Regiment 579 versetzt. Vom 5. bis zum 26. April 1941 befand sich Scheidtmann zur Behandlung einer Schussverletzung des linken Lungenflügels in einem Reservelazarett in Soest. Es dürfte sich dabei um die alte Verletzung aus dem Westfeldzug gehandelt haben. In einem späteren Urteil ist davon die Rede, er habe eine Lungensteckschuss in dem Kämpfen an der Aisne erhalten. Nachdem er mit seiner neuen Einheit mehr als vier Monate im Heimatkriegsgebiet stationiert war, wurde das Regiment am 9. April 1941 zum Küstenschutz an die belgische Küste abgeordnet. Das Regiment war der 306. Infanterie-Division unterstellt. Während der Zeit in Belgien wurde er erstmals militärgerichtlich wegen „Gehorsamsverweigerung“ belangt. Scheidtmann hatte am 30. Juni 1940 eine Gastwirtschaft in Dondermonde aufgesucht und wollte mit einem belgischen Mädchen tanzen. Ein anwesender Unteroffizier untersagte ihm dies und verlangte Name und Soldbuch. Scheidtmann gab erst ein falsche Identität an und belog den Unteroffizier. Als er zur Identitätsprüfung mit zum Geschäftszimmer des Bataillons kommen sollte, ging er zwar erst mit, weigerte sich dann aber weiterzugehen, flüchtete letztendlich und wurde eingeholt. Das Gericht der 306. Division erhob Anklage und verurteilte ihn am 16. Juli 1941 wegen Gehorsamsverweigerung zu drei Monaten Gefängnis, „weil im Interesse der Aufrechterhaltung der Manneszucht andere abgeschreckt werden müssen, gleichartige Handlungen zu begehen." Das Gericht sah seine bisherige zivile und militärische Strafgeschichte zwar als erschwerend an, bemerkte aber auch, dass diese mit einer Ausnahme schon weit zurücklagen. Weiterhin vermerkte das Gerichte: „Der Angeklagte gibt sich, wie auch aus der Beurteilung seiner Kompanie hervorgeht, offenbar schon seit längerer Zeit Mühe, sich in die soldatische Zucht einzufügen. Ferner hat er seine Tat vor Gericht offen und männlich zugegeben, ohne sie beschönigen zu wollen, und hat auch sonst keinen schlechten Eindruck gemacht. Zu seinen Gunsten wurde weiterhin berücksichtigt, dass er sich im Einsatz auf dem Gefechtsfelde als Soldat bewährt hat.“ Der Gerichtsherr modifizierte das Urteil in der Hinsicht, dass sechs Wochen in Form des geschärften Arrestes zu verbüßen seien. Der Rest wurde bis Kriegsende ausgesetzt. Die Beurteilung seiner Einheit lautete damals: „Einwandfreier Charakter, offen, ehrlich veranlagt. Im Auftreten etwas vorlaut. Guter Kamerad.“ Über die folgenden Entwicklungen gibt es nur wenige Dokumente und Hinweise. Heinrich Scheidtmann hatte am 24. Dezember 1939 die fünf Jahre ältere Anna, geb. Buhs (?) geheiratet. Die Ehefrau stammte aus dem badischen Raum und akzeptierte auch den Sohn ihres Mannes. Nach Berichten des Sohnes kam es im Juni 1943 zu einem schweren Angriff auf Wuppertal. Der Sohn überlebte den Angriff im Keller der Großmutter. Alle Häuser auf der anderen Straßenseite waren zerstört. Die Ehefrau wollte nicht weiter in Wuppertal bleiben, sondern zurück in ihre badische Heimat. Heinrich Scheidtmann, der wohl Urlaub erhalten hatte, entschloss sich daraufhin aus Sorge um Frau und Kind, nicht zur Truppe zurückzukehren. Sein Fluchtversteck soll durch einen Onkel verraten worden sein. Die Verurteilung wegen zweier Fälle von Fahnenflucht lässt darauf schließen, dass er noch einen weiteren Fluchtversuch unternommen hat. Heinrich Scheidtmann wurde am 24. August 1943 vom Gericht der Division 176 in Bielefeld wegen Fahnenflucht in zwei Fällen zum Tode, Verlust der Wehrwürdigkeit und der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Das Urteil wurde am 8. September 1943 vom Befehlshaber des Ersatzheeres Generaloberst Fromm bestätigt und die Vollstreckung angeordnet. Die amtlichen Angaben zur Hinrichtung von Heinrich Scheidtmann sind widersprüchlich. Lt. Verlustmeldung soll sein Todestag der 17. September 1943 gewesen sein. Auf der Todesurkunde des Standesamtes Dortmund werden die Todesdaten mit 18. September 1943 19.08 Uhr angegeben. Die Todesurkunde wurde aber erst am 6. März 1944 nach mündlicher – soll wohl fernmündlicher heißen – Anzeige der Wehrmachtsauskunftsstelle vom 24. Februar 1944 ausgestellt. Auf der Verlustmeldung wird der Todestag auch als Tag des Urteils angegeben. Die Todeszeit lässt auf eine Hinrichtung durch das Fallbeil schließen. Ein Datenabgleich ergab, dass am 18. September kein Hinrichtungstag war. Am 17. hingegen ist in Dortmund eine erhebliche Anzahl von Personen dem Henker übergeben worden. An diesem Tag war bei den Hinrichtungen eine große zeitliche Lücke zwischen 19.06 Uhr und 19.13 feststellbar. Es kann heute mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, dass Heinrich Scheidtmann am 17. September 1943 um 19.08 Uhr im Dortmunder Gerichtsgefängnis enthauptet wurde. So ist es auch in seinem Wehrstammbuch eingetragen. Er wurde eine Woche später auf dem Dortmunder Hauptfriedhof bestattet. Im Dezember 1945 wurde er exhumiert und nach Wuppertal-Elberfeld überführt. Wahrscheinlich wurde diese Überführung durch seine Mutter veranlasst. Von dieser ging wohl auch die Initiative aus, dass sein Sohn, der bis dahin den Nachnamen der Mutter trug, seit Mai 1948 den Nachnamen des Vaters tragen durfte.

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