Opfer der Militärjustiz in Wuppertal

 

Erschossen und vergessen - Deserteure in Wuppertal

Am 11.April 1945 nur wenige Tage vor dem Einmarsch der Amerikaner in Wuppertal wurde der 45 jährige Soldat Adam Moll auf dem Schießstand in Ronsdorf standrechtlich erschossen. Da wo sich heute der Neubau der Standortverwaltung der Bundeswehr befindet, war der Schießstand der Wehrmacht in Ronsdorf Erbslöö. Dort auf dem "gemeinsam genutzen" Schießstand der Wuppertaler Kasernen wurden in den letzten Kriegsmonaten mindestens zehn Fahnenflüchtige hingerichtet. Ein Zeitzeuge der Düsseldorfer Karl H. Schlesier berichtete 43 Jahre danach über die Geschehnisse:"Ich war 17 Jahre alt wie fast alle meine Kameraden(...) Sowohl aus unserem Batallion als auch aus benachbarten Ausbildungstruppen liefen ständig Jungens fort. Sie sind einfach nach Hause gegangen und dort drei Tage später von der Feldpolizei verhaftet worden. Wir konnten damals Tag und Nacht im Westen den Kanonendonner der vorrückenden Front hören. Die Jungens wurden als Deserteure behandelt und kurzerhand erschossen."

Adam Moll war der letzte Soldat, der in Wuppertal von der Militärjustiz abgeurteilt und vor ein Erschießungskommando gezerrt wurde. An den Dachdecker aus Mönchengladbach, der in der Sagankaserne "Volk und Vaterland" verteidigen sollte, erinnert aber nicht mal mehr ein Grabstein.

Die Tatsache, daß in Wuppertal 1944/45 Deserteure erschossen wurden, war übrigens kein Grund  diese Verbrechen rechtzeitig zu verfolgen und die Täter, die "Wuppertaler Filbinger" zur Verantwortung zu ziehen. Im Gegenteil, nach wie vor gelten überlebende Deserteure als wegen Fahnenflucht vorbestraft! Noch heute gelten in der breiten Öffentlichkeit Deserteure als Soldaten, die ihre Kameraden im Stich gelassen haben. Versuche 50 Jahre nach dem Ende des Krieges eine Rehabilitation der Deserteure gesetzlich durchzusetzen, werden offensiv von der politischen Rechten und den Bundeswehrverbänden zurückgewiesen: "Keinesfalls dürfe man im Gedenken an den 20.Juli den Opfermut und die Tapferkeit der Soldaten hintanstellen, die "mißbraucht von einem verbrecherischen Regime, ihre Waffen ehrenvoll führten", so warnte 1994 der Generalinspekteur der Bundeswehr Naumann, " weshalb man die Handlungsweise von Wehrmachtssoldaten, die sich gegen Befehle wandten oder die desertierten, nicht nachträglich rechtfertigen könne". Aus der CDU hört man sogar: "Wir sind nach wie vor der Auffassung, daß nicht alle Todesurteile gegen Deserteure von Anfang an rechtlos waren"

An die Opfer der Militärjustiz erinnerte sich das befreite Wuppertal damals wie heute in keinster Weise. Die wichtigen Anstrengungen des Gesprächskreises "Deserteurerschießungen in Wuppertal" 1989 das Thema in die öffentliche Diskussion zu bringen, führte bei den politisch Verantwortlichen bei Bundeswehr und Stadt ähnlich wie bei der Diskussion um das Mahnmal zu den Gewerkschaftsprozessen zu nichts . Die Forderung nach einem Denkmal oder nach einer Gedenktafel für die Wuppertaler Deserteure wurde trotz breiter innerkirchlicher Unterstützung nicht erfüllt. Auch 50 Jahre danach ist eine öffentliche Ehrung der in Wuppertal erschossenen Deserteure nicht möglich.