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http://www.gew-berlin.de/blz/21234.htm

Ein Stolperstein für Oskar Debus

Die GEW-Senioren in Lichtenberg gedenken der Opfer des Faschismus

von Elke Sabrowski und Erich Juhnke, GEW-Seniorengruppe Lichtenberg

Mit viel Interesse haben wir in der April/Mai-blz den Artikel »Viele Orte des Gedenkens« von Marianne Pousset gelesen, weil wir uns seit Längerem mit den Opfern des Faschismus und dem antifaschistischen Widerstand beschäftigten: Besuche in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Plötzensee, Zentralfriedhof Friedrichsfelde und anderen Orten.

Zuletzt besuchten wir im März 2010 verschiedene Orte, die an die Köpenicker Blutwoche vom 21.- 26. Juni 1933 erinnern. 500 Gegner des Faschismus wurden damals von der Köpenicker SA gefangen genommen, gedemütigt, gefoltert und viele von ihnen ermordet. Die Verhaftungsaktion sollte ein Exempel statuieren und folgte nach den Reichstagswahlen 1933, die in Berlin noch immer viele Stimmen für die SPD und die KPD einbrachten. Bei ihren Kundgebungen und Demonstrationen gegen eine erneute Kriegsvorbereitung kam es oft zu tätlichen Auseinandersetzungen mit gewaltbereiten Nazis. Deren Wut gegen die Antifaschisten wuchs ins Unermessliche. Nachdem es bereits ab Februar 1933 mehrere Verhaftungswellen gab, führte die SA eine große Straf- und Vernichtungsaktion im Juni 1933 in Berlin-Köpenick durch.

Orte der Gewalt

Wir begannen den Rundgang in der Köpenicker Gartenstadt Elsengrund, in der mehrere Antifaschisten wohnten. Gedenk-tafeln an den Häusern erinnern heute daran. Diese Wohnsiedlung am S-Bahnhof Köpenick war ein Angriffsziel der Nazis. An zahlreichen Orten fanden Misshandlungen und grausame Folterungen durch SA-Leute statt. Opfer waren Mitglieder von KPD und SPD, des Reichsbanners, Juden, Gewerkschafter und Parteilose, unter ihnen der frühere Ministerpräsident von Mecklenburg-Schwerin Johannes Stel--ling, der Reichsbannerführer Paul von Essen und der Kommunist Karl Pokern.

Nach dem Gang durch die Gartenstadt besichtigten wir im ehemaligen Amtsgerichtsgefängnis am Mandrellaplatz die beeindruckende und ergreifende Gedenkstätte für die Opfer der Köpenicker Blutwoche. Dort spielten sich vorwiegend jene grauenvollen Ereignisse ab, die in die Geschichte eingegangen sind. Wenige Monate nach Errichtung der faschistischen Macht wurden hier bis zu 91 Widerstandskämpfer von SA-Banditen grausam gefoltert und ermordet.

Während unseres Besuchs der Gedenkstätte kamen wir zu dem Entschluss, Geld für einen »Stolperstein« für ein Opfer des Faschismus zu spenden.

Ein Leben

Sehr schnell kamen die erforderlichen 95 Euro für einen Stolperstein zusammen. Wir nahmen Verbindung zu »Licht-Blicke«, der Netzwerkstelle für Demokratie und Toleranz in der Ahrenshooper Straße 7, auf, die in Lichtenberg und Hohenschönhausen die Verlegung der Stolpersteine organisiert.

Schon bald machten uns Hans-Rainer Sandvoß und Lichtblicke e.V. den Vorschlag, einen Stolperstein für Oskar Debus zu verlegen. Oskar Debus wurde am 3. November 1886 in Wuppertal-Elberfeld geboren. Er war Konsumgenossenschaftler und Sozialdemokrat und arbeitete als Buchhalter in Konsumvereinen. 1933 übernahm er die Funktion des Filialenkontrolleurs, bis er schließlich kurze Zeit später Abteilungsleiter der Berliner Konsumgenossenschaft in Lichtenberg wurde.

1939 wurde er wegen Widerstands vom Volksgerichtshof zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er eintrat für den Sturz und die Vernichtung der Hitlerdiktatur, Recht und Gerechtigkeit für alle, Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung, Selbstverwaltung des deutschen Volkes in einem erneuerten Reich der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Demokratie, Frieden und Freundschaft mit allen Völkern.

Verlegung des Stolpersteins

In der Haftanstalt Brandenburg kam er an den Folgen von Gestapo-Folter und Zuchthaus-Haftbedingungen am 17. Dezember 1942 ums Leben. Seine frühere Wohnung in der Rittergutstraße 25 (heute Josef-Orlopp-Straße) war zudem ein wichtiger Widerstandstreffpunkt.

Dort nahmen wir im Oktober 2010 an der Verlegung des Stolpersteins vor der letzten frei gewählten Wohnstätte von Oskar Debus teil. Auch die Konsumgenossenschaft, die heute noch ihren Sitz in der Josef-Orlopp-Straße hat, der letzten Arbeitsstätte von Oskar Debus, zeigte Interesse an unserem Vorhaben. Sie nahm mit Vertretern an der Verlegung teil und beteiligt sich an der Pflege und Kontrolle des Steines.