Emil Schmidt

Wuppertal-Elberfeld, Deutschland
gestorben: 
27. марта 1934 Gerichtsgefängnis Düsseldorf
Opfergruppe: 
Beruf: 
Dreher

Schlüterstr. 1a

Schlüterstr. 1a

  • Hier wohnte Emil Schmidt, Jg. 1884, verhaftet 1933, hingerichtet 27.3.1934, Gerichtsgefängnis Düsseldorf

 

Q:Herbert Schmidt: Todesurteile in Düsseldorf 1933-1945 Düsseldorf 2008, S. 79f.

 

 

Erkrath

Über Nazi-Verbrechen stolpern

VON STEPHANIE JOSST - zuletzt aktualisiert: 30.01.2007

Erkrath (RP) Gottesdienst und Gedenkfeier an den Messingtafeln, die mit einer Inschrift in den Boden eingelassen sind. Erinnert wird an deportierte Frauen, die Jüdin Bertha Mayer und die Erkrather Emil Schmidt und Otto Lukat.

Der Himmel war tiefgrau und es regnete Bindfäden. Als hätte Petrus das Wetter für diesen Moment ausgewählt, passte es perfekt zur betrübten Stimmung der Besucher des Gottesdienstes, der in St. Johannes der Täufer für Erkrather Opfer des Nationalsozialismus statfand. Bei der anschließenden Gedenkstunde vor dem ehemaligen St. Josefskloster zitterten den meisten Gästen die Hände. Nicht nur vor Kälte, sondern vor Mitgefühl und echter Trauer. Es war eine Veranstaltung anlässlich der Verlegung von vier „Stolpersteinen“ zur Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialistischen Regimes.

Was einige verwunderte: Bürgermeister Arno Werner ließ sich von Regina Wedding vertreten. Insgesamt war es ein Stück harte Arbeit gewesen, einige Politiker im Stadtrat von der Sinnhaftigkeit der Steine zu überzeugen. Bei ihrer Einweihung am Sonntag waren sie bereits installiert. Die Messingtafeln mit Inschriften sind ebenerdig in den Bürgersteig eingesetzt worden. Künstler Gunter Demnig konnte bei der Feier nicht dabei sein.

Erster Stein am Josefskloster

Der erste Stein ist vor dem ehemaligen Kloster in das Kopfsteinpflaster eingelassen. Die CDU-Politiker Marc Hildebrand und Florian Kellner sind die Paten. Zur Erinnerung an eine unbekannte Zahl deportierter wehrloser, meist geistig verwirrt oder behinderter Frauen, deren Dasein von den Nazis willkürlich als „unwertes Leben“ eingestuft wurde. Das Mahnmal bleibt anonym, weil niemand die genauen Namen der Menschen kennt. Schüler des Gymnasiums am Neandertal erinnerten an das Schicksal der Opfer, ein Ensemble der Jugendmusikschule trug bedächtige Bläserstücke vor.

Lehrer Uwe Koopmann übernahm Patenschaften für zwei Opfer des Nationalsozialismus: Den Kommunisten Emil Schmidt (Schlüterstraße 1a) sowie Otto Lukat, zuletzt wohnhaft Rathelbecker Weg 17, die mit der Begründung geköpft wurden, einen Mord an einem Nazi verübt zu haben. Doch diese Tat ist von ihnen nachweislich nicht begangen worden. Lukats Sohn Helmut konnte sich nur mühsam an den Gedanken mit dem „Stolperstein“ anfreunden. „Eigentlich hatte ich die Geschichte abgehakt. Jetzt kommen viele Erinnerungen wieder hoch.“ Dennoch möchte er sich bei denen bedanken, die sich eingesetzt haben. Als Kind habe der heute 78-Jährige nichts von dem Horrorszenario gewusst. „Man erzählte mir, mein Vater sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“ Waltraud Servos (73), Enkelin des gefolterten, dann geköpften Emil Schmidt, wirkte mitgenommen. Seine Tätigkeit als Leiter der KPD-Ortsgruppe war der eigentliche Grund für seine Hinrichtung. Als SS-Mann Kurt Hilmer erschossen wurde, war er zu Hause, doch das zählte in einem rechtlosen Staat nichts. Wiedergutmachen können Stolpersteine nichts, aber sie tragen dazu bei, Geschichte nicht zu vergessen.

 

 

Erinnerungsschwächen in Erkrath

Uwe Koopmann

Am 27. März 1934 enthauptete ein Henker im Hof der Düsseldorfer Strafanstalt Ulmer Höh mit dem Beil die Kommunisten Emil Schmidt, Otto Lukat und Peter Huppertz. Gegen die drei und weitere neun Beschuldigte war schon 1932 ermittelt worden. Der Vorwurf lautete, sie hätten in Erkrath, einem Nachbarort von Düsseldorf, den Nazi Kurt Hilmer erschossen. Die Ermittlungen waren eingestellt worden, weil sich herausstellte, daß die Beschuldigten die Tat nicht verübt haben konnten. Doch die Nazi-Justiz griff den Fall wieder auf. Das Schwurgericht Düsseldorf unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Waldemar Mankowski (seit 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP, des Nationalsozialistischen Richterbundes und weiterer NS-Organisationen) verurteilte neun Angeklagte zum Tode. Daß nicht alle neun hingerichtet wurden, hatte einen politischen Grund: Die meisten von ihnen kamen aus dem proletarischen Düsseldorf-Gerresheim, das direkt an Erkrath grenzt. Gerresheim war den Nazis als rote Hochburg bekannt, die sie mit Razzien und Verhaftungen vergeblich zu stürmen versuchten. Die Hinrichtung aller Verurteilten hätte einen Aufstand ausgelöst. Also wurde das Todesurteil auf drei Angeklagte reduziert – die nicht aus Gerresheim kamen, sondern aus Erkrath.

Mankowski stieg nach dem Urteil zum Vorsitzenden des Sondergerichts Düsseldorf auf. Die Personalakte im Hauptstaatsarchiv ist voll des Lobes für sein Durchgreifen: »Seine positive Einstellung zum neuen Staat hat er insbesondere durch seinen länger andauernden Vorsitz im Sondergericht sowie durch die Verhandlung der großen Mordsache gegen 12 Angeklagte wegen Ermordung des SS-Mannes Hilmer bewiesen.« Der Landgerichtspräsident schob 1937 nach: »Seine Vorzüge als Verhandlungsleiter sind besonders in dem großen Erkrather Mordprozeß gegen Schmidt u.a. hervorgetreten… Ich halte ihn für einen zuverlässigen Nationalsozialisten.«

Am Tag der Hinrichtung wurden Schmidts Frau und Sohn wie die Angehörigen der beiden anderen Opfer auf die Ulmer Höh geholt. Man zeigte ihnen den Sarg. Den Kopf des Toten hatte man zwischen die Beine gelegt. Schmidt, dessen Sohn dann ebenfalls von den Nazis schikaniert wurde und dessen ganze Familie schwer zu leiden hatte, war Ratsmitglied in Erkrath gewesen. Aber bisher erinnert in der Stadt nichts an ihn, ebenso wenig an Lukat und Huppertz. Mankow-skis Urteil ist bis heute nicht aufgehoben. Eine vor fünf Jahren bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unter Bezug auf das Gesetz zur Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gestellte Anfrage ergab, daß es weiterhin gültig ist, denn: Die Urteilsfindung sei nicht nationalsozialistisch beeinflußt gewesen. Nach einer Beschwerde bestätigte der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt diese Darstellung.

Vor einigen Monaten beantragte ich bei der Stadt Erkrath, für die Hingerichteten – wie es schon an vielen anderen Orten geschehen ist – sogenannte Stolpersteine zu setzen, um auf diese Weise an das Unrecht zu erinnern. Ich erklärte mich bereit, alle Kosten zu übernehmen. Die zuständigen Ausschüsse und der Stadtrat lehnten den Antrag mit der Mehrheit von CDU und FDP ab. Ihre wechselnden Begründungen: Opfer, die keiner kenne, ließen sich nicht aus der Anonymität holen; bei Fußwegarbeiten könnten Stolpersteine zum Problem werden; nicht nur die drei seien verfolgt worden, sondern noch andere – auch nach 1945, da dürfe man nicht einzelne Personen bevorzugen; eine wissenschaftliche Untersuchung sei im Gange, deren Ergebnis abzuwarten bleibe. Als vor einem Jahr über diese Untersuchung debattiert worden war, hatten diejenigen, denen sie jetzt ins Konzept paßt, um meinen Antrag zu blockieren, große Sorge, »daß da Roß und Reiter genannt werden könnten« ( Westdeutsche Zeitung , 15.4.2005).

Am 60. Jahrestag der Befreiung stellt sich die Frage, wann wir Deutschen uns von Verstrickungen und auch von Gerichtsurteilen befreien, die die militärische Niederlage Nazi-Deutschlands 1945 bereits sechs Jahrzehnte überdauert haben.

 
 

Erschienen in Ossietzky 9/2005

http://www.wir-gegen-rechts-hilden.de/pdf/Antifa-Stadtfuehrer.pdf

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