Bernhard Letterhaus

Wuppertal-Barmen, Deutschland
gestorben: 
14. ноября 1944 Plötzensee
Opfergruppe: 
Beruf: 
Bandwirker
Verbandsvertreter

http://www.gdw-berlin.de/bio/ausgabe_mit.php?id=55

Gedenkstätte deutscher Widerstand  Berlin

Biographien

   
Bernhard Letterhaus
(10.07.1894 - 14.11.1944)
 
Bernhard Letterhaus
Der in Barmen aufgewachsene Bernhard Letterhaus besucht nach der Lehre in einem Textilbetrieb die Höhere Fachschule für Textilgestaltung. Früh schließt er sich der Katholischen Arbeiterbewegung an. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg findet er 1921 einen Aufgabenbereich im Zentralverband christlicher Textilarbeiter. 1927 folgt er einer Bitte des Verbandspräses der Katholischen Arbeiter- und Knappenvereine Westdeutschlands Otto Müller und wird Verbandssekretär in der KAB-Zentrale Mönchengladbach. 1928 wird die Geschäftsführung in das Kölner Ketteler-Haus verlegt. Letterhaus hat so ständigen Kontakt zu Nikolaus Groß. Zum Ende der Weimarer Republik gehört er zum Kölner Kreis, der sich um Otto Müller, Groß und Joseph Joos gebildet hat. Er ist verheiratet mit Grete Thiel, mit der er eine Tochter hat. Letterhaus vertritt seit 1928 die Zentrumspartei im Preußischen Landtag und wird nach 1933 mehrfach verhört. Mitte der dreißiger Jahre wird das Kölner Ketteler-Haus zum Mittelpunkt einer Widerstandsgruppe, die sich bewusst in die Tradition der Katholischen Arbeiterbewegung stellt. 1939 wird Bernhard Letterhaus zum Wehrdienst eingezogen und kann seit 1942 als Hauptmann im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht Bedeutung als Verbindungsmann der Verschwörer des 20. Juli zur ehemaligen Katholischen Arbeiterbewegung erlangen. Beim Umsturzversuch vom 20. Juli 1944 ist er bereit, das Amt eines politischen Beauftragten im Wehrkreis VI (Münster) zu übernehmen. Am 25. Juli 1944 verhaftet, wird Letterhaus am 13. November 1944 zum Tode verurteilt und einen Tag später in Berlin-Plötzensee ermordet.  
Literatur
  • Jürgen Aretz: Bernhard Letterhaus (1894-1944). In: Rudolf Morsey (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 20. Jahrhunderts. Band 2. Mainz 1975
  • Vera Bücker: Bernhard Letterhaus. In: Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Hrsg. von Karl-Joseph Hummel und Christoph Strom. Leipzig 2000

http://www.kirchenlexikon.de/l/Letterhaus.shtml

Band IV (1992) Spalten 1555-1558 Autor: Martin Persch

LETTERHAUS, Bernhard, Arbeiterführer, Widerstandskämpfer, * 10.7. 1894 in Barmen, + (hingerichtet) 14.11. 1944 in Berlin-Plötzensee. - L. entstammte einer streng katholischen Handwerkerfamilie; der Vater war Schumachermeister. Nach der Volksschule erlernte er den Beruf eines Bandwirkers und besuchte anschließend die Preußische Höhere Fachschule für Textilindustrie in Barmen, die er mit der Prüfungsnote »Ausgezeichnet« verließ. Er arbeitete als Textiltechniker, bildete sich fortwährend in autodidaktischer Weise weiter, nahm am Ersten Weltkrieg teil (mehrere Verwundungen, Eisernes Kreuz I. Klasse, Entlassung als Unteroffizier) und war nach dessen Ende eine Zeitlang hauptberuflich für die Zentrumspartei in Barmen tätig. Gelegentliche politische Betätigungen bereits vor dem Weltkrieg hatten ihn in Gegnerschaft zur klassenkämpferischen Sozialdemokratie gebracht; nach 1918 durchschaute er rasch den »hohlen zeitgenössischen Nationalismus« (Jürgen Aretz). Vielmehr wollte L. auf der Basis einer christlichen und demokratischen Einstellung für die Idee der sozialen Gerechtigkeit arbeiten. 1920 wechselte er zum Zentralverband christlicher Textilarbeiter nach Düsseldorf, fand jedoch dort in der seiner Meinung nach wichtigen Frage der Arbeiterbildung keine hinreichende Unterstützung und nahm deshalb 1927 das Angebot von Otto Müller, dem Präses des Verbandes der katholischen Arbeiter- und Knappenvereine Westdeutschlands, als Verbandssekretär nach Mönchengladbach zu kommen, bereitwillig an. Nun hatte L. Zeit, Programme für die Arbeit der Vereine zu entwickeln, Vorträge zu halten, Arbeitersekretäre zu schulen und zu theoretischen wie politischen Fragestellungen vor allem in der »Westdeutschen Arbeiter-Zeitung« zu schreiben. Er genoß unter den Arbeitern große Wertschätzung, ja Beliebtheit, und erwies sich bald als der führende ideenreiche Mann der katholischen Arbeiterschaft. 1928 wurde er als Zentrumsvertreter in den Preußischen Landtag (1933 Mitglied des Fraktionsvorstandes) und den Rheinischen Provinziallandtag gewählt, wobei zunächst die Auseinandersetzung mit der politischen Linken im Vordergrund stand. Seit 1930 richtete sich die Spitze des Kampfes dann unverhohlen gegen den Nationalsozialismus, nachdem dieser es bei den Reichstagswahlen von 12 auf nunmehr 107 Mandate gebracht hatte. Ein 1932 unternommener Versuch, eine Art »Volksfront« aus christlichen Gewerkschaften und katholischen Arbeiter- und Gesellenvereinen gegen die SA zu errichten, scheiterte. L. sah sich wie sein ihm menschlich nahestehendes politisches Vorbild Heinrich Brüning »hundert Meter vor dem Ziel« gestürzt. Die Politik dessen Nachfolgers Franz v. Papen hat er entschieden bekämpft. Nach der sogenannten Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 wurde L. weitgehend aller politischen Betätigungsmöglichkeiten in der Öffentlichkeit beraubt. Er intensivierte aber dafür die Vereins- und Verbandsarbeit, bis es nach mehreren lokalen Auflösungen der Vereine im Herbst 1935 zum Verbot der katholischen Arbeitervereine im Regierungsbezirk Münster, dem Kerngebiet des Verbandes, kam. L. hat das Ermächtigungsgesetz entschieden abgelehnt und stand auch dem Reichskonkordat mehr als skeptisch gegenüber. 1938 wurden die Diözesanverbände Mainz und Limburg der katholischen Arbeitervereine durch das Regime verboten, im gleichen Jahr kam es zum endgültigen Verbot der Verbandszeitschrift »Ketteler-Wacht«, dem letzten Sprachrohr L.s. Im Zweiten Weltkrieg wurde er einberufen, nahm (zuletzt als Oberleutnant) im Westen wie im Osten an den Kämpfen teil, ehe ihn langjährige Freunde aus den militärischen Widerstandskreisen zu seinem eigenen Schutz 1942 in der Auslandsabteilung (Abwehr) des Oberkommandos der Wehrmacht unterbrachten, wo er als Referent der Presse- und Informationsgruppe im Rang eines Hauptmannes wirkte. Er hatte enge Kontakte zu führenden Widerstandskämpfern, so u. a. zu Alfred Delp S.J., Carl Goerdeler, Nikolaus Groß, Jakob Kaiser, Heinrich Körner, Wilhelm Leuschner und Josef Wirmer. Einer Beseitigung Hitlers durch einen Staatsstreich hat L. zugestimmt, eine persönliche Beteiligung dagegen abgelehnt. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20.7.1944 lehnte er ein Untertauchen in den Niederlanden ab und ging weiterhin seinen dienstlichen Verpflichtungen nach. Am 25.7.1944 wurde er verhaftet, weil sein Name auf den Listen der Widerständler für Verantwortungsträger nach dem Kriegsende stand: Er sollte das Amt des »Politischen Beauftragten« im Wehrkreis VI (Münster) übernehmen oder Wiederaufbauminister im Kabinett Goerdeler werden. Aus der Wehrmacht ausgestoßen, kam er in das Konzentrationslager Ravensbrück und wurde dann in die Haftanstalt Berlin-Tegel verlegt. Am 13.11.1944 verurteilte ihn der Volksgerichtshof unter der Leitung von Roland Freisler wegen Landes- und Hochverrats zum Tode durch den Strang. Das Urteil wurde bereits am nächsten Tag vollstreckt. Die erfolgten Gnadengesuche erwiesen sich so im Nachhinein als sinnlos.

Werke: Bibliographie fehlt bislang. Größere Publikationen in der NDB (siehe Lit.).

Lit.: Rudolf Pechel, Deutscher Widerstand, Erlenbach-Zürich 1947, passim; - Joseph Joos, Am Räderwerk der Zeit. Erinnerungen aus der kath. und soz. Bewegung und Politik, Augsburg 1950, passim; - Ders., So sah ich sie. Menschen und Geschehnisse, Augsburg 1958, bes. 47 ff.; - Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die dt. Widerstandsbewegung, Stuttgart 1954, passim; - Annedore Leber, Das Gewissen steht auf. 64 Lebensbilder aus dem dt. Widerstand 1933-1945, Berlin-Frankfurt 1956, 100; - Hejo Schmidt, L. Portrait eines Widerstandskämpfers, in: Dt. Rundschau 83 (1957), 155-158; - Hans Rothfels, Die dt. Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Frankfurt-Hamburg 1958, 102-105; - Lex. der dt. Heiligen, Seligen, Ehrwürdigen und Gottseligen. Unter Mitarbeit von Rudolf Lill und Placidus Mittler hrsg. von Jakob Torsy, Köln 1959, 80; - Heinrich Martin Liebden, Der Stimme folgend. Die Gestalt des Arbeiterführers L., in: ruf und reich. Gestalt und Werk des Laien in Welt und Kirche. Hrsg. von Franz Lorenz, Recklinghausen 1959, 488-492; - Franz Kloidt, Verräter oder Martyrer? Dokumente kath. Blutzeugen der nationalsozialist. Kirchenverfolgung geben Antwort, Düsseldorf 1962, 57-76; - Peter Hoffmann, Widerstand - Staatsstreich - Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, München 1969, 435 f.; - Erich Kock, L., in: Arbeit und Opfer, bearb. von K. H. Brüls, Köln 1972, 17-90; - Widerstand und Verfolgung in Köln 1933-1945. Ausstellung des Hist. Archivs der Stadt Köln, Köln 1974; - Jürgen Aretz, L. (1894-1944), in: Rudolf Morsey (Hrsg.), Zeitgesch. in Lebensbildern. Aus dem dt. Katholizismus des 20. Jh.s, Bd. 2, Mainz 1975, 11-24; - Ders., Kath. Arbeiterbewegung und Nationalsozialismus. Der Verband der kath. Arbeiter- und Knappenvereine Westdeutschlands 1923-1945 (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgesch. Reihe B: Forschungen, Bd. 25), Mainz 1978, passim; - Ulrich v. Hehl, Kath. Kirche und Nationalsozialismus im Erzbistum Köln 1933-1945 (= Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgesch. Reihe B: Forschungen, Bd. 23), Köln 1977, 236; - Robert Wistrich, Wer war wer im Dritten Reich. Anhänger, Mitläufer, Gegner aus Politik, Wirtschaft, Militär, Kunst und Wissenschaft, München 1983, 172 f.; - Jakob Torsy, Der gr. Namenstagskalender. 3720 Namen und 1560 Lebensbeschreibungen, Freiburg-Basel-Wien 101985, 324; - Bernhard Letterhaus (1894-1944), in: Glaubenszeugen aus dem Ruhrgebiet, hrsg. vom Bistum Essen, Essen 1987, 57-77; - LThK 2VI, 986; - NDB XIV, 357-358.

Martin Persch

Literaturnachtrag:

Bernhard-Letterhaus-Schule (Hrsg.), Nur aus Standhaftigkeit wird die Welt gerettet eine Dokumentation, zusammengestellt von Hans-Joachim Ossé, Wuppertal 1994; - Bücker, Vera: Bernhard Letterhaus (1894-1944), in: Hummel, Karl-Joseph -Strohm, Christoph (Hrsg.): Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Leipzig 2000, 276-296.

 

Letzte Änderung: 03.05.2003

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Letterhaus

Bernhard Letterhaus

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Links: Statue des Bernhard Letterhaus am Rathausturm des Kölner Rathauses

Bernhard Letterhaus (* 10. Juli 1894 in Barmen; † 14. November 1944 in Berlin-Plötzensee) war ein Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und ein christlicher Gewerkschaftsführer.

Leben 

Letterhaus wuchs mit zwei Brüdern in einem tiefgläubigen Elternhaus auf. Nach der Schulzeit wurde er Bandwirker und besuchte die Höhere Fachschule für Textilindustrie. Nachdem er schwer verwundet aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrt war, arbeitete er von 1921 bis 1927 als Sekretär im Zentralverband der christlichen Textilarbeiter. 1927 wurde er nach Bitten von Otto Müller in Mönchengladbach (ab 1928 im Kölner Ketteler-Haus) Verbandssekretär der katholischen Arbeitervereine KAB in Westdeutschland und 1928 Abgeordneter der Zentrumspartei im Preußischen Landtag. 1929 wurde Letterhaus Ehrenmitglied des Katholischen Studentenvereins Langemarck (später Görres) Bonn im KV. Er rief schon 1931 als Vizepräsident des Katholikentages in Münster zur Abwehr des Nationalsozialismus auf und warb nach 1933 heimlich in katholischen Kreisen für den Widerstand gegen das NS-Regime. Weil er das Ermächtigungsgesetz ablehnte, blieb er im März 1933 der Abstimmung im Landtag fern. Er kritisierte den Abschluss des Reichskonkordats, weil er befürchtete, dass sich damit die Institutionen des politischen Katholizismus nicht schützen ließen.

1939 wurde er zum Wehrdienst verpflichtet, ab 1942 war er als Hauptmann in der Presseabteilung beim Oberkommando der Wehrmacht beschäftigt. Hier knüpfte er Kontakte zu den Verschwörern um Ludwig Beck und Carl Goerdeler. Mit Freunden aus KAB, Christlichen Gewerkschaften, Zentrum unter anderem beriet er im sogenannten Kölner Kreis, der sich in der Verbandszentrale der KAB, dem Kettelerhaus in Köln traf, spätestens seit 1942 über Alternativen zum NS-Regime. Er stellte Freunden wie Jakob Kaiser, Alfred Delp, Nikolaus Groß und Heinrich Körner seine Kölner Wohnung für Gespräche über die Neuordnung Deutschlands zur Verfügung. Letterhaus gehörte zum führenden Kreis der Widerstandskämpfer, war bereit, das Amt des politischen Beauftragten im Wehrkreis VI (Münster) zu übernehmen und als Aufbauminister der neuen Regierung im Gespräch. Am 25. Juli 1944, wenige Tage nach dem Attentat auf Hitler, wurde er verhaftet, am 13. November 1944 nach einer Stunde Verhandlung vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und am folgenden Tag in Plötzensee erhängt.

Letterhaus war verheiratet mit Grete Thiel und hatte eine Tochter.

Ehrungen  

Gedenkstein in Wuppertal

In Wuppertal-Barmen wurde 1984 am Haus, das an der Stelle seines ehemaligen Geburtshauses steht, eine Gedenktafel angebracht. Schon 1965 wurde in der nach ihm benannten Siedlung in Wuppertal-Uellendahl ein Gedenkstein niedergelegt. 1956/57 wurde in Wuppertal-Barmen die Bernhard-Letterhaus-Straße nach ihm benannt.

In der Nähe der Hinrichtungsstätte Plötzensee erinnert seit 1957 der Letterhausweg an ihn.[1]

1948 wurde in Köln die Odenkirchener Straße zu seinen Ehren in Bernhard-Letterhaus-Straße umbenannt. 1965 wurde auch in (Bonn-)Duisdorf eine Straße nach ihm benannt. Auch in Leverkusen erinnert die Bernhard-Letterhaus-Straße an ihn und in Münster seit 1954 der Letterhausweg.In Recklinghausen und Heek wurden ebenfalls Straßen nach ihm benannt(Letterhausstraße).

In Köln-Poll liegt das Katholische Jugendwohnheim Bernhard Letterhaus. Eine Gedenktafel wurde am 9. Juli 1994 enthüllt. Die Einrichtung war ursprünglich als HJ-Heim errichtet worden.

Literatur 

  • Jürgen Aretz: Bernhard Letterhaus (1894-1944). In: Rudolf Morsey (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 20. Jahrhunderts. Band 2, Mainz 1975.
  • Vera Bücker: Bernhard Letterhaus. In: Karl-Joseph Hummel, Christoph Strom (Hrsg.): Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Leipzig 2000.

Weblinks  

 Commons: Bernhard Letterhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise  

  1. Letterhausweg. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)

 

 

www.kab.de/dynasite.cfm?dssid=4041

4.11.1944– Todestag von Bernhard Letterhaus
Gedenken an den KAB-Widerstand vor 66 Jahren

Bernhard Letterhaus KAB

Die Stadt Köln hat den KAB-Widerstandskämpfer Bernhard Letterhaus mit einer eigenen Skulptur am Kölner Rathaus geehrt. Für viele KAB-Gruppen ist die Statue, die seit November 2008 am Rathaus an den Kölner Widerstand erinnert, zur Pilgerstätte geworden.

 

 

http://www.echtnahdran.de/letterhaus.html

Mitglieder des Kölner Kreises

 

Bernhard Letterhaus

(10.7.1894-14.11.1944)

Bernhard Letterhaus ist neben Nikolaus Groß der bedeutendste Vertreter des Kölner Kreises. Außerdem war er im Berliner Widerstand beheimatet und eine Klammer zwischen beiden. Er wurde am 10.7.1894 in Wuppertal-Barmen als Sohn eines selbständigen Schusters und Lebensmittelgeschäftsinhabers geboren. Nach Besuch der katholischen Volksschule machte er eine Lehre als Bandwirker und besuchte anschließend die Preußische Fachschule für Textilindustrie in Barmen. Von 1914 bis 1918 war er Soldat.


Zentrumspolitiker und Arbeitervertreter

1919 wurde er in Barmen Parteisekretär der Zentrumspartei, ab 1920 in Düsseldorf Verbandssekretär im Zentralverband christlicher Textilarbeiter. Abends besuchte er die Staatliche Fachschule für Wirtschaft. 1927 wechselte er als Verbandssekretär zum Westdeutschen Verband der katholischen Arbeitervereine in Köln. In seiner Arbeit betonte er die Bedeutung der Tarifverträge, der Christlichen Gewerkschaften, der Betriebsräte.

1928 wurde Letterhaus für das Zentrum in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt und im April 1932 in den Fraktionsvorstand. Er bejahte die schwarz-rote Koalition Preußens und schätzte die SPD als Koalitionspartner des Zentrums. Doch nahm er ihr im Juli 1930 übel, den Notverordnungen Brünings nicht zugestimmt und so die Auflösung des Reichstags erzwungen zu haben. Er warf ihr vor, mit den Feinden des "Volksstaates", wie er die Demokratie bezeichnete, den Kommunisten, Nationalsozialisten und "Hugenberg-Deutschnationalen" zum entscheidenden Stoß gegen die Reichsregierung angesetzt zu haben. Später allerdings lobte er sie für ihre Tolerierungspolitik und zeigte damit, dass er sich nicht prinzipiell von der Zusammenarbeit mit ihr abgewendet hatte.
Neben den Kommunismus als politischen und weltanschaulichen, langjährigen Hauptgegner trat für Letterhaus ab 1930 der Nationalsozialismus. Schon vor dem Wahlsieg der NSDAP September 1930 warnte er bei einer Rede auf dem Münsteraner Katholikentag Anfang vor Anfang des Monats. "Falsche Propheten mit einem Kreuz auf der Fahne, das aber nicht das Zeichen des Welterlösers ist, ziehen durch Städte und Dörfer. Sie verwüsten die Herzen des leidenden Volkes". Nach der Wahl präzisierte er seine Deutung der NSDAP als Noterscheinung: "Die Kurve der Nationalsozialisten stieg auf einer Fiebertafel steil bergan. Nur in Notzeiten kann die Saat, die von dieser verantwortungslosen Gruppe ausgestreut wurde, so in die Halme schießen... ." Gegen die SA und andere Parteikampftruppen forderte er am 24.3.1931 im Landtag wegen der "Organisierung der Gewaltmethoden mit aller Entschiedenheit den Einsatz der staatlichen Macht". "Es wäre staatlicher Selbstmord, wenn hier nicht mit aller Entschiedenheit eingegriffen würde." In der folgenden Zeit bis zum Sturz des Zentrumsreichskanzlers Heinrich Brüning schärfte Letterhaus den Blick für die Gefährlichkeit des Nationalsozialismus für den Bestand der Weimarer Republik. Besonders richtete er sein Augenmerk auf ihre Verbindung mit dem deutschnationalen Parteichef Hugenberg, die er für eine große Gefahr für die sozialen Errungenschaften der Weimarer Republik hielt. Um ihren Anspruch als Arbeiterpartei zu diskreditieren, stellte er im September 1931 in der WAZ heraus, dass die NSDAP durch Banken und Industriekreise finanziert werde. "Der dunkle Schatten Hugenbergs fällt jetzt nicht mehr auf deutsche Lande", kommentierte er erleichtert den Wahlsieg des Kandidaten der Weimarer Parteien, Hindenburg. Kurz nach dem Rücktritt Brünings warnte er am 11.6.1932 im preußischen Abgeordnetenhaus die Nationalsozialisten: Sie "wollen bewusst keine Partei, wollen nicht Teil sein, sondern sie wollen herrschen. Sie kämpfen gegen den Parteienstaat, und was sie aufrichten wollen, ist der Parteistaat. … Niemand weiß von uns, wie lange noch Gelegenheit geboten ist, frei vor der Nation zu reden".

Doch nach dem Regierungsantritt Papens, den er als ehemaliges Zentrumsmitglied des rechten Parteiflügels für den Sturz Brünings verantwortlich machte und dem er eine sozialreaktionäre Politik vorwarf, modifizierte Letterhaus in Übereinstimmung mit der Parteiführung und dem ihr zugehörigen KAB-Vorsitzenden Joseph Joos seine Linie gegenüber der NSDAP. Er trug - wie auch die WAZ - den Kurs des Zentrums mit, mit der NSDAP Koalitionsverhandlungen zu führen, um Papen, den er für den Wahlsieg der NSDAP vom 31.7.1932 verantwortlich machte, zu stürzen oder zumindest unter Druck zu setzen. Doch bevor die schleppenden Verhandlungen Ergebnisse zeigten, wurde Papen durch den General von Schleicher als Reichskanzler abgelöst.

Im 3. Reich

Am 31. Januar 1933 wurde Letterhaus wie die Zentrumsführung von der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler überrascht. Im Wahlkampf für die Märzwahlen wurde er wegen einer öffentlichen Rede in Hamm Ende Februar zwei Mal verwarnt. Als dann die Diskussion um das Ermächtigungsgesetz anstand, entwarf er auf einer Konferenz der KAB-Sekretäre ein düstereres Zukunftsbild für den Fall einer Zustimmung des Zentrums und setzte eine Resolution durch, die die Ablehnung forderte und alle Abgeordneten aus der KAB binden wollte. Damit scheiterte er, denn sie beugten sich letztendlich auch der Fraktionsdisziplin und stimmten zu.
Mitte Mai 1933 stand auch für Preußen ein ähnliches Ermächtigungsgesetz an. Letterhaus setzte sich mit seiner Minderheitsmeinung, ein solches Gesetz abzulehnen, in der preußischen Zentrumsfraktion nicht durch. Sie glaubte in ihrer großen Mehrheit den Versprechungen des preußischen Ministerpräsidenten Göring, die Zentrums-Beamten weiterzubeschäftigen oder an den Ausführungsbestimmungen der Gesetze mitwirken zu können. Letterhaus wollte aber nicht zustimmen und blieb dann der Abstimmung am 18.5.1933 fern.
In der Folgezeit konzentrierte sich Letterhaus auf die Arbeitervereine. Er beteiligte sich in den folgenden Jahren an der Organisation der großen Wallfahrten und Glaubensfahrten der Verbandsleitung nach Mainz, Münster, Köln, um den Mitgliederschwund angesichts der Doppelmitgliedschaftsverbote der Deutschen Arbeitsfront (DAF) zu stoppen und ein Zeichen der Selbstbehauptung zu setzen, deren politischen Demonstrationscharakter Nichtkatholiken und auch die Nationalsozialisten begriffen.
In der KAB-Arbeit wollte Letterhaus erst den Oppositionskurs fortsetzen, merkte aber bald nach der Märzkundgebung der Fuldaer Bischofskonferenz 1933, dass dies angesichts ihres Kurses nicht ging. Die bald einsetzenden Verhandlungen zum Reichskonkordat lehnte Letterhaus ab, denn er hielt sie für eine Stabilisierung der NS-Regierung von außen, der er keine lange Lebensdauer zusprach, da sie an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten und ihrer Inkompetenz bald scheitern werde. Mit seiner negativen Bewertung des Reichskonkordates hielt er sich auch gegenüber der hohen Geistlichkeit nicht zurück. Auch nachdem er seinen Irrtum über die Lebensdauer der NS-Regierung einsehen musste, kritisierte er den vorsichtigen, um einen modus vivendi bemühten Stil der Bischöfe und forderte von ihnen, sie sollten öffentlich wirksam gegen die NS-Zwangsmaßnahmen gegen katholische Organisationen protestieren. Sein Engagement für einen standfesteren Kurs gegenüber dem NS-Regime führte Letterhaus gemeinsam mit dem Generalsekretär des KAB-Reichsverbandes H.J. Schmitt im Februar 1934 zu Gesprächen nach Rom zum persönlichen Sekretär von Staatssekretär Pacelli, dem deutschen Jesuiten Leiber, dem sie von der Lage in Deutschland berichteten. Im Oktober 1935 richtete er, diesmal mit Joos, wieder einen Hilferuf an Leiber wegen der Nachgiebigkeit der Bischöfe bei den Verhandlungen mit Reichskirchenminister Kerrl über die Ausführungsbestimmungen des Reichskonkordats. Der Episkopat stünde tatenlos da, jede der "nicht wenigen" Nachgiebigkeiten würde mit neuen Schlägen beantwortet statt honoriert zu werden. Der Episkopat gehe einen halben Schritt vorwärts und zwei zurück, da er noch immer annehme, Hitler sei "anders".

Die Enzyklika "Mit brennender Sorge" 1937 begrüßte Letterhaus daher als Befreiung. Seine Kritik an hohen Geistlichen gab er auch in der Folgezeit nicht auf. Dem Kölner Generalvikar David sagte er einmal, dass man von den deutschen Bischöfen eine festere Haltung gegenüber dem NS-Regime erwarte und prophezeite ihm offene Vernichtungswut und Konkordatsbrüche der Nationalsozialisten.
Im Unterschied zu einigen seiner Mitstreiter erkannte Letterhaus die Bedeutung des sog. Röhm-Putsches vom 30.6.1934 als Beseitigung des Rechtsstaates. Der von ihm bewunderte Brüning floh nach Holland, wo Letterhaus ihn in den folgenden Jahren, als einziger bis 1939, trotz des zunehmenden Risikos öfter besuchte. Brüning schätzte ihn als Tapfersten und Unbeugsamsten und als "besten Beurteiler der Lage". Über ihn hielt Letterhaus Kontakt zur katholischen Arbeiterinternationale in Holland und der Schweiz.

Als Widerstandskämpfer

Schon früh knüpfte er Kontakte zu anderen Oppositionellen. Die Anfänge des so entstehenden Kölner Kreises lagen in Gesprächsrunden von KAB- und Kolping-Vertretern, ehemaligen Christlichen Gewerkschaftern, Zentrumspolitikern im Kettelerhaus. Seit Januar 1934 traf er sich auch mit "freien" Gewerkschaftern wie Hans Böckler und Karl Katzer im Deutschen Haus in Köln. Über Kaiser lernte Letterhaus eine, dem Kölner Kreis zuzurechnende, Gruppe in Düsseldorf kennen, der u.a. Karl Arnold, der spätere Ministerpräsident von NRW, angehörte und mit dem er später sich mehrmals beriet. Diese Düsseldorfer Gruppe trat 1936 in Verbindung zu General von Hammerstein, einem oppositionellen und als arbeiterfreundlich geltenden Militär, der seinerseits mit Carl Goerdeler in Kontakt stand.
Der ehemalige deutschnationale Leipziger Oberbürgermeister war am Versuch konservativer Kreise beteiligt, eine Verschwörung gegen Hitler aufzubauen. Seit März 1938 hatte auch Letterhaus selbst Beziehungen zu Goerdeler. Daher enttäuschte ihn das Nachgeben der Alliierten in München. In dieser Zeit lernte Letterhaus auch Oberst Oster von der Abwehr kennen, der an den frühen Putschplänen beteiligt war. Der katholische Berliner Rechtsanwalt Joseph Wirmer, der dem Goerdeler-Kreis angehörte, vermittelte ihm und Kaiser den Kontakt.

Einige Tage vor Kriegsausbruch, am 26.8.1939, wurde Letterhaus zur Wehrmacht einberufen. Mit Freunden diskutierte er, ob er dem Stellungsbefehl Folge leisten solle, denn er fragte sich, ob die Teilnahme am bevorstehenden Krieg mit dem christlichen Gewissen vereinbar sei. Er ging schließlich gegen seine innerste Überzeugung, als ihn seine Gesprächspartner auf die Gefahr negativer Folgen für seine Familie und die KAB hinwiesen. An die Niederlage im Krieg glaubte er wegen der ungleichen Kräfteverhältnisse von Anfang. 1940 nahm er als Leutnant am Frankreichfeldzug teil, 1941 als Oberleutnant am Russlandkrieg. 1942 gelang es seinen Freunden im Widerstand, seine Versetzung nach Berlin zur Abwehr ins Oberkommando der Wehrmacht durchzusetzen. Daran war u.a. auch Brüning beteiligt. Nach Brünings Meinung zählte Letterhaus zu den fähigsten politischen Köpfen. Letterhaus wurde als Hauptmann der Reserve Presseoffizier und war damit für die Auswertung der ausländischen Presseberichte über den Krieg zuständig. Damit gehörte er zu den gut informierten Kreisen über die wahre Kriegslage und gab sein Wissen an Kaiser, Wirmer, Leuschner, Goerdeler und andere im Berliner und seine Freunde im Kölner Kreis weiter.

Nach seiner Versetzung nach Berlin versuchte der Jesuit Alfred Delp Letterhaus vom Berliner Kreis abzuwerben und für den Kreisauer Kreis um den Grafen Helmuth. J. von Moltke zu gewinnen. Bei einer Konferenz zur Männerseelsorge beim Bischof von Fulda 1942 warnte er Letterhaus' Freund Nikolaus Groß vor dem angeblich reaktionären Goerdeler. Diese Warnung löste Missstimmigkeiten aus, führte aber letztlich zu einer Aussprache zwischen den katholischen Mitgliedern des Berliner und des Kreisauer Kreises, die zum besseren Verständnis beider Gruppen beitrug.
Die Beratungen der Widerstandsgruppen, in denen Letterhaus mitwirkte, zielten in zwei Richtungen. Zum einen ging es um Personalfragen für die Zeit nach erfolgtem Putsch und zum anderen um inhaltliche Vorstellungen für ein Deutschland nach Hitler. Letterhaus beschrieb seine Bereitschaft, im Widerstand mitzuwirken, mit den Worten, er sei zum Hochverrat jederzeit bereit, nicht aber zum Landesverrat. Nach längeren Diskussionen akzeptierte er auch die Notwendigkeit des Tyrannenmordes und war auch in groben Zügen über die Absichten der oppositionellen Militärs unterrichtet. Mindestens ebenso sehr wie an den Überlegungen des Berliner Kreises war er an den Gesprächen in Köln beteiligt, wo er auch einige Male Delp traf. Die demokratische Staatsform war Letterhaus als Mitglied des Kölner Kreises selbstverständlich; er diskutierte hauptsächlich über die Form der von ihnen gewünschten Partei. Als Modelle waren eine Partei der Arbeit(er) oder eine überkonfessionelle Partei aller Bevölkerungsschichten im Gespräch. Der letzte Gedanke näherte sich den Ideen des Goerdeler-Kreises von einer Volksbewegung und entsprach den alten Vorstellungen von 1920 des ehemaligen Christlichen Gewerkschafts-Vorsitzenden Adam Stegerwald, der eine solche Partei anstelle des Zentrums vergeblich vorgeschlagen hatte. Letterhaus dürfte eine Parteiendemokratie vorgeschwebt haben, denn in seinem Prozess vor dem Volksgerichtshof (VGH) wurde sein Denken als "parlamentarisch befangen" bezeichnet. Er erklärte, dass an die Stelle der NSDAP eine "möglichst viele Gruppen umfassende Volksbewegung mit dem Bekenntnis zum Christentum treten" solle.

Auch am zweiten Schwerpunkt der Tätigkeit beider Kreise, der Personalplanung, war Letterhaus maßgeblich beteiligt. Die Berliner stimmten sich bei ihren Personalüberlegungen für die Zeit nach Hitler mit den Kölnern ab, die für sie ein wichtiges, kaum von der NS-Ideologie infiziertes Personalreservoir stellen konnten. Das hatte schon 1941 der damalige Kopf des militärischen Widerstandes und designierte Reichsverweser (eine Art Reichspräsident), Generaloberst Ludwig Beck in einem von General von Hammerstein vermittelten Treffen mit Verbandspräses Otto Müller positiv überrascht festgestellt. Gerade in diesem weiteren Kreis der politischen Verschwörer, die die Politiker vor Ort stellen sollten, spielten die Vertreter des politischen Katholizismus eine Hauptrolle - wie die Gestapo nach dem 20. Juli ermittelte. Zur Abstimmung weilten Goerdeler und Wirmer z.B. im Herbst 1943 im Kettelerhaus und trafen u.a. Präses Dr. Otto Müller, Letterhaus und Groß, um eine Personalliste zu erstellen, wie sie die Militärs als Voraussetzung für ihren Putsch verlangten. Auch Letterhaus stand auf einer solchen Liste.

Am 25. Juli wurde er abends in seiner Dienststelle verhaftet. Am 25.8. stieß ihn der sog. Ehrenhof der Wehrmacht ebenso wie die übrigen Verschwörer aus der Wehrmacht aus. Er wurde in der Ermittlungszentrale zum 20 Juli, im KZ Fürstenberg verhört, wobei er anders als andere keine Mitverschwörer belastete. Danach wurde er nach Berlin-Tegel verlegt und durfte nun Briefe an seine Frau schreiben. Sie erreichten sie allerdings erst nach seinem Tod, so dass er bis zu seiner Hinrichtung keine Nachricht mehr von seiner Familie erhielt und in der Ungewissheit um ihr Schicksal sterben musste. Am 13.11.1944 stand er vor dem berüchtigten Präsidenten des VGH, Roland Freisler, und wurde innerhalb einer Stunde aufgrund der Anklage zum Hochverrat zum Tod, Ehrverlust und Vermögenseinziehung wegen aktiver Beteiligung an den Vorbesprechungen des Anschlages verurteilt. Er hatte den Mut zu bekennen, dass die Verschwörer ihre Pläne "nur durch eine gewaltsame Änderung der Regierung an Haupt und Gliedern" glaubten erreichen zu können. Damit revidierte er die während der Verhöre gemachte Schutzbehauptung, dass er sich aufgrund seiner streng christlichen Einstellung und seiner politischen Einsicht von den militärischen Kreisen distanziert hätte, wenn er gewusst hätte, dass sie auf dem Weg eines Attentates zur Macht kommen wollten.
Nur einen Tag später, am 14.11.1944 wurde Letterhaus in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Das Motiv für den Widerstand

Das Motiv seines lebensgefährlichen Engagements im politischen Widerstand fand der nationalsozialistische Prozessberichterstatter in Letterhaus' "ultramontaner Einstellung". Mit dem abwertenden Begriff des Ultramontanismus umschrieb er das christliche Verantwortungsgefühl von Letterhaus, der es selbst einmal in einem überlieferten Vortragsmanuskript so formulierte: Es herrschten geistige Grundhaltungen vor, die eine radikale und grundsätzliche Leugnung der christlichen Sittenlehre in sich schlössen. Daraus folgerte er offensichtlich für sich selbst die Verpflichtung, sich persönlich für das Ende des NS-Regimes einzusetzen. Die Gefahr war ihm bewusst, aber gegenüber Versuchen des Berliner Jesuiten Heinrich Klein, ihn von seinen riskanten Vorhaben abzubringen, blieb er fest und zeigte "nie die geringste Anwandlung" von Unsicherheit. In nüchterner Sprache gab er seinem Mitgefangenen Ferdinand von Lüninck einen Tag vor seinem Prozess als sein Vermächtnis mit auf den Weg, dass das Volk nicht vergessen dürfe, dass die Welt "an Lüge und Unrecht und Hass" zugrunde gehe. "Vaterland und Welt können nur gerettet werden und bestehen, wenn im Kleinen und Großen Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe herrschen".

Letterhaus ging aus seiner christlichen Weltverantwortung einen geradlinigen Weg in seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. In der Ablehnung der Ideologie schwankte er nie, politisch unterschätzte er für kurze Zeit die Nationalsozialisten als wirtschaftspolitische Laien, Demagogen und Erfüllungsgehilfen der sozialen Reaktion. Rasch desillusionierte ihn die Erkenntnis, dass der christliche Anspruch auf Lebensgestaltung und Sinndeutung mit dem totalitären NS-Anspruch kollidierte. Daher mündete sein Bestreben um ein auch öffentlich wirksames christliches Leben in ein Streben nach Befreiung vom System, wobei er letztlich auch das letzte Mittel des Attentates billigte.

Literatur

Vera Bücker: Bernhard Letterhaus (1894-1944) in: Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Hg. v. Karl-Joseph Hummel, Christoph Strohm (i.A. der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland) Leipzig 2000, S.276-296 Kölner Kreis

Bernhard Letterhaus (1894-1944), christlicher Gewerkschaftsführer und NS-Widerstandskämpfer

Bernhard Letterhaus war als christlicher Gewerkschaftsführer und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime ein bedeutendes Mitglied des „Kölner Kreises". Wegen seiner Unterstützung des Attentats vom 20.7.1944 und seiner Beteilung an der Planung für eine Neuordnung Deutschlands nach einem Gelingen des Attentats wurde er zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Emil Bernhard Letterhaus wurde am 10.7.1894 in Barmen (heute Stadt Wuppertal) als Sohn des Schuhmachermeisters Johann Bernhard Letterhaus (1859-1939) und seiner Frau Emilie geborene Dessel (1863-1942) geboren. Zusammen mit zwei Brüdern wuchs er in einem streng katholisch geprägten Elternhaus auf. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf des Bandwirkers, absolvierte anschließend die Preußische Höhere Fachschule für Textilindustrie und wurde Textiltechniker. Im Ersten Weltkrieg wurde er mehrfach verwundet und mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Anschließend arbeitete er kurzzeitig für die Zentrumspartei in Barmen, bevor er 1920 zum Zentralverband der christlichen Textilarbeiter nach Düsseldorf wechselte. Abends besuchte er die Staatliche Fachschule für Wirtschaft und bildete sich außerdem in autodidaktischer Weise fort.

1927 ging Letterhaus auf Wunsch Otto Müllers als Verbandssekretär zum Westdeutschen Verband der katholischen Arbeitervereine zunächst nach Mönchengladbach, ab 1928 in das Kölner Ketteler-Haus. Hier entwickelte er Programme für die Arbeit der Vereine, hielt Vorträge, schulte Arbeitersekretäre und schrieb in der „Westdeutschen Arbeiter-Zeitung" zu theoretischen und politischen Fragestellungen.

1928 wurde Bernhard Letterhaus als Abgeordneter der Zentrumspartei für den Wahlkreis Düsseldorf-Ost in den Preußischen Landtag sowie in den Rheinischen Provinziallandtag gewählt, wobei zunächst die Auseinandersetzung mit der politischen Linken im Vordergrund stand. Neben den Kommunismus als Hauptgegner trat für Letterhaus ab 1930 die NSDAP, die bei den Reichstagswahlen 107 Mandate erreicht hatte. Bereits vor dem Wahlsieg der Nationalsozialisten hatte Letterhaus Anfang September 1930 als Vizepräsident des Deutschen Katholikentages in Münster zur Abwehr des Nationalsozialismus aufgerufen. Gegen die SA und andere Parteikampftruppen der NSDAP forderte er am 24.3.1931 im Landtag ein staatliches Eingreifen. Ein 1932 unternommener Versuch, eine Art „Volksfront" aus christlichen Gewerkschaften und katholischen Arbeiter- und Gesellenvereinen gegen die SA zu bilden, scheiterte.

Politisch unterschätzte er für kurze Zeit die Nationalsozialisten als wirtschaftspolitische Laien, Demagogen und Erfüllungsgehilfen der sozialen Reaktion. Rasch desillusionierte ihn die Erkenntnis, dass der christliche Anspruch auf Lebensgestaltung und Sinndeutung mit dem totalitären NS-Anspruch kollidierte. Daher mündete sein Bestreben um ein auch öffentlich wirksames christliches Leben in ein Streben nach Befreiung vom System, wobei er letztlich auch das Mittel des Attentats billigte.

Hatte Letterhaus die politische Bedeutung und Tragfähigkeit des Nationalsozialismus zunächst unterschätzt und diesen als „Noterscheinung" gedeutet, so schärfte er in der folgenden Zeit bis zum Sturz des Reichskanzlers Heinrich Brüning (1885-1970) den Blick für die Gefährlichkeit der Nationalsozialisten. Nach 1933 warb er heimlich in katholischen Kreisen für den Widerstand gegen das NS-Regime.nach oben

Nach dem Sturz Brünings am 30.3.1932 bekämpfte Letterhaus entschieden die Politik von dessen Nachfolger Franz von Papen (1879-1969). Weil er das Ermächtigungsgesetz ablehnte, blieb er im März 1933 der Abstimmung im Landtag fern. Außerdem kritisierte er den Abschluss des Reichskonkordats, da er befürchtete, dass sich damit die Institutionen des politischen Katholizismus nicht schützen ließen.

Nach der "Machtergreifung" der Nationalsozialisten am 30.1.1933 wurde Bernhard Letterhaus nach und nach aller politischer Betätigungsmöglichkeiten in der Öffentlichkeit beraubt. Dafür intensivierte er die Vereins- und Verbandsarbeit, bis es nach Auflösungen von lokalen Arbeitervereinen im Herbst 1935 zum Verbot der katholischen Arbeitervereine in Münster, im Kerngebiet des Verbandes, kam. 1938 wurden die Diözesanverbände in Mainz und Limburg verboten. Das endgültige Verbot der Verbandszeitschrift „Ketteler-Wacht" im gleichen Jahr beraubte Letterhaus seines letzten Sprachrohrs.

1939 wurde Bernhard Letterhaus zum Wehrdienst eingezogen und nahm an der West- und der Ostfront an Kriegshandlungen teil. 1942 wurde er zum Hauptmann befördert und zum Oberkommando der Wehrmacht nach Berlin versetzt.

Spätestens seit 1942 traf sich Letterhaus mit Gleichgesinnten aus den katholischen Arbeitervereinen, Christlichen Gewerkschaften und der Zentrumspartei in der Verbandszentrale der katholischen Arbeitervereine, dem Kölner Ketteler-Haus, um im so genannten „Kölner-Kreis" über Alternativen zum NS-Regime zu beraten. Er hatte enge Kontakte zu führenden Widerstandkämpfern, wie Alfred Delp SJ (1907-1945), Carl Goerdeler (1884-1945), Nikolaus Groß, Jakob Kaiser (1888-1961), Heinrich Körner, Wilhelm Leuschner (1890-1944) und Josef Wirmer (1901-1944). Letterhaus sollte nach dem Umsturz das Amt des „Politischen Beauftragten" im Wehrkreis VI (Münster) übernehmen und Aufbauminister in einem geplanten Kabinett Goerdeler werden.

Aus christlicher Verantwortung heraus führte für Letterhaus ein gerader Weg in die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Der Beseitigung Hitlers durch einen Staatsstreich stimmte er zwar zu, eine persönliche Beteiligung lehnte er jedoch ab. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20.7.1944 weigerte er sich, in den Niederlanden unterzutauchen. Bereits am 25.7.1944 wurde er verhaftet. Er wurde aus der Wehrmacht ausgestoßen und kam über das Konzentrationslager Ravensbrück in die Haftanstalt Berlin-Tegel. Am 13.11.1944 verurteilte ihn der Volksgerichtshof unter der Leitung Roland Freislers (1893-1945) wegen Landes- und Hochverrats zum Tod durch den Strang. Alle Gnadengesuche wurden abgelehnt, und am 14.11.1944 wurde Bernhard Letterhaus im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Bereits 1948 wurde in Köln die Odenkirchener Straße in Bernhard-Letterhaus-Straße umbenannt. Auch in Bonn, Wuppertal-Barmen und Leverkusen erinnern Straßennamen an den Widerstandskämpfer. Am 2.5.1987 ehrte Papst Johannes Paul II. (Pontifikat 1978-2005) Bernhard Letterhaus, indem er ihn in die Reihe der Männer und Frauen stellte, die ihr Leben für ihren Glauben hingegeben haben. Im Figurenprogramm des Köln-Rathausturmes wurde ihm eine Figur (Bildhauer: Martin Krämer) gewidmet.

 nach obenLiteratur

Aretz, Jürgen, Bernhard Letterhaus (1894-1944), in: Rudolf Morsey (Hg.), Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 20.Jahrhunderts, Mainz 1975, S. 11-24.

Bernhard-Letterhaus-Schule (Hg.), Nur aus Standhaftigkeit wird die Welt gerettet, Wuppertal 1994

Bücker, Vera, Bernhard Letterhaus, in: Karl-Joseph Hummel (Hg.), Zeugen einer besseren Welt. Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts, Leipzig 2000, S. 276-296.

Hürten, Heinz, Deutsche Katholiken 1918-1945, Paderborn 1992, S. 523-541.

Kier, Hiltrud/ Bernd Ernsting u.a. (Hg.), Köln: Der Ratsturm. Seine Geschichte und sein Figurenprogramm, Köln 1996, S. 601-603.

Noethen, Stefan, Pläne für das Vierte Reich. Der Widerstandskreis im Kölner Kettelerhaus 1941-1944, in: Geschichte im Westen 39 (1996), S. 51-73.

Stehkämper, Hugo, Protest, Opposition und Widerstand im Umkreis der (untergegangenen) Zentrumspartei, in: Hugo Stehkämper, Köln – und darüber hinaus. Ausgewählte Abhandlungen, Band 2, Köln 2004, S. 1523-1589.

Steinbach, Peter, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Berlin 1994, S. 153-163.

 

Online

Aretz, Jürgen, Artikel "Letterhaus, Bernhard", in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 357-358.

Bernhard Letterhaus (Biographische Kurzinformation auf der Website der Gedenkstätte Deutscher Widerstand).

Bücker, Vera, Mitglieder des Kölner Kreises - Bernhard Letterhaus (Information auf der Website echtnahdran - Historisch-wissenschaftliche Dienste und Studientouren im Ruhrgebiet).

Persch, Martin, Artikel "Letterhaus, Bernhard", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 4 (1992), Sp. 1555-1558.

http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkeiten/L/Seiten/Bernh...

30.9.2010
Bitte geben Sie beim Zitieren dieses Beitrags die exakte URL und das Datum Ihres Besuchs dieser Online-Adresse an.

Köln, 14. November 2010. Am 13.November hat der Volksgerichtshof unter Roland Freisler in nur einer Verhandlungsstunde den Widerstandskämpfer und KAB-Sekretär Bernhard Letterhaus zum Tode verurteilt. Letterhaus wurde am 14. November 1944, genau vor 66 Jahren, von den Nationalsozialisten in Berlin hingerichtet.

Letterhaus diente seit 1939 in der Wehrmacht, zuletzt als Hauptmann in der Presseabteilung des Oberkommandos der Wehrmacht. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 durchsuchte die Gestapo seine Wohnung, Anfang August wurde Letterhaus als erster der drei Widerstandskämpfer, mit ihm waren das Präses Otto Müller und Nikolaus Groß, in der Verbandszentrale der KAB Westdeutschlands verhaftet. Mit seiner Verhaftung wird auch der Kontakt zu seiner Familie unterbunden. „Aus dem Gefängnis in Berlin-Tegel habe ich sechs Briefe meines Mannes erhalten, die meisten trafen ein, nachdem er hingerichtet worden war", erinnerte sich einst Grete Letterhaus. Sie erhielt nach der Verhaftung – weil ihr Mann aus dem Heer ausgestoßen wurde – keinerlei Bezüge.
Die KAB Deutschlands erinnert mit großer Hochachtung an den Mut und die Leiden, die die vielen Widerstandskämpfer der KAB und ihre Familien unter der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus auf sich genommen haben.

 

http://www.kirchenlexikon.de/l/Letterhaus.shtml

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