Kolb & Co.

Lager

Firma Kolb& Co. Germany

Kolb GmbH
Verbindungselemente
Rathenaustrasse 23
D-42277 Wuppertal

Ostarbeiterlager Lager Tütersburg 37-43
Westarbeiterunterkunft und Säuglingsbaracke Germanenstr. 78
(bis zu 30 Kleinkinder und Säuglinge)

In der Pionierstudie von Meyer-Kahrweg von 1984 zu Zwangsarbeit in Wuppertal werden sechs Wuppertaler Firmen genannt, die sog. Säuglingsheime" eingerichtet hatten: August Luhn, Herberts, Kolb &Co., Espenlaub, Kabel- und Drahtwerk Vohwinkel, Schäffer & und Homberg ".
Nach den vorliegenden Totenlisten starben mehr als 170 Zwangsarbeiterkinder in Wuppertal, ein großer Teil starb im „Säuglingsheim bei Kolb & C. in Wuppertal- Wichlinghausen und im Durchgangslager Am Giebel.
In der Literatur und in den im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf vorliegenden Archivalien ist für andere Städte ein sehr brutaler Umgang mit schwangeren ZwangsarbeiterInnen nachweisbar. Insbesondere Ostarbeiterinnen, die schwanger wurden, wurden seit dem Juli 1943 gemäß des Runderlasses des Reichsführers der SS Heinrich Himmler vom 27. Juli 1943 nicht mehr in den Osten "abgeschoben", sondern wurden entweder zur Abtreibung gedrängt oder es wurden die Entbindungen zum Anlaß genommen, die rassische Qualität zu überprüfen, um nach erfolgtem Gutachten das "eindeutschungsfähige" Kind der Mutter wegzunehmen und bei "arischen " Eltern aufwachsen zu lassen. So lesen wir in einem Rundschreiben von Kaltenbrunner gerichtet an alle Gestapodienststellen vom 27. Juli 1943:
"Die Notwendigkeit, den Verlust deutschen Blutes an fremde Volkskörper zu verhindern, wird durch die Blutsopfer des Krieges verstärkt. Es gilt daher, die Kinder von Ausländerinnen, die Träger zum Teil deutschen und stammesgleichen Blutes sind und als wertvoll angesehen werden können, nicht (...) den "Ausländerkinder-Pflegestätten" zuzuweisen, sondern nach Möglichkeit dem Deutschtum zu erhalten und sie daher als deutsche Kinder zu erziehen. (...) Zu diesem Zweck melden die Betriebe sämtliche Schwangerschaften über das zuständige Arbeitsamt dem Jugendamt. (...) Verweigert die Schwangere die Aussage über den Erzeuger, kann das Jugendamt gegebenenfalls eine Vernehmung durch die Staatspolizeistelle beantragen." Die Schwangerschaften "meldet das Jugendamt formularmäßig dem Höhereren SS- und Polizeiführer zur rassischen Überprüfung. (...) Die gesundheitliche, erbgesundheitliche und rassische Untersuchung wird von den Arzten der Gesundheitsämter durchgeführt. Dem SS- Führer im Rasse- und Siedlungswesen als Vertreter des zuständigen Höheren SS- und Polizeiführers in seiner Eigenschaft als Beauftragter des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums wird gleichzeitig Gelegenheit gegeben, seinerseits seine Feststellungen nach den Richtlinien des Reichsführers SS zu treffen."
Die Kinder von "minderer rassischer Qualität" wurden ebenfalls den Frauen entzogen und in sogenannten "Ausländerkinder-Pflegestätten eingewiesen. Dort starben, so weisen verschiedene Regionalstudien nach, zahlreiche Kinder an Unterernährung und Krankheiten, in manchen Einrichtungen griff das "Pflegepersonal" zur Giftspritze und Medikamenten, um die "nutzlose Ausländerbrut" zu beseitigen. Ulrich Herbert fasst den bisherigen Forschungsstand sehr bedrückend wie folgt zusammen: "Aus den bisherigen Erkenntnissen läßt sich aber die Vermutung ableiten, daß die Tötung der "Ostarbeiter-Kinder" in der letzten Kriegsphase einen systematischen und in allen Teilen des Reiches durchgeführten Massenmord darstellte"
Ungefähr 20.000 - 25.000 ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene mussten in Wuppertal Zwangsarbeit leisten. Von ihnen starben mindestens 1.044, die uns namentlich bekannt sind. Unter den Toten sind 175 tote Zwangsarbeiterkinder, 139 von ihnen sind namentlich beerdigt worden. Eine hohe Sterberate hatte das sog. „Säuglingsheim“ der Firmas Kolb & Co. Hier starben allein 26 Kleinkinder.

Angesichts der eindeutigen Anordnungen an die Gestapoleitstelle in Düsseldorf und an die Wuppertaler Gesundheits- und Jugendämter und angesichts der zahlreich erhalten gebliebenen Kindergräber auf Wuppertals Friedhöfen muss auch für Wuppertal zumindest in Erwägung gezogen werden, das die Kinder der Zwangsarbeiterinnen ähnlich wie in allen anderen Städten und Gemeinden unter den Bedingungen der "Ausländerkinder-Pflegestätten" nur wenig Überlebenschancen hatten.
Und nicht nur für die Forschung, sondern vielmehr für die überlebenden, vielfach deswegen traumatisierten Mütter bleibt die Frage nach dem Verbleib ihrer Kinder.
Für die Mütter der "rassisch" für "eindeutschungsfähig" gehaltenen Kinder begann nach dem Krieg die Suche nach ihren Kindern, ein Problem, was heute noch in Polen sehr bedrückend und aktuell ist. Für die in den "Ausländerkinder-Pflegestätten" zum Teil vorsätzlich getöteten oder zu Tode gekommenen Kinder blieb nur die Suche nach den Grabstätten und für die Frauen die seelische Verarbeitung der Verbrechen.

Wir wissen bislang wenig über das Schicksal der Zwangsarbeiter-Kinder in Wuppertal. Hier sind in vielen Richtungen noch Nachforschungen nötig. Möglicherweise sind bei den genannten Firmen noch Akten vorhanden oder Zeitzeugen zu befragen, eine andere Spur könnte in Richtung Landesfrauenklinik oder zu den zuständigen Jugend- und Gesundheitsämtern führen oder zu den Ärzten, die die rassische Untersuchung im Auftrage der SS durchgeführt haben. Bis dahin gibt es keine Grund für die Annahme, in Wuppertal seien diese Verbrechen nicht vorgekommen