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Hinrichtungen in Dortmund

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Erinnerungsportal erinnert an Militärjustiz-Opfer : Über 300 Hinrichtungen in Dortmund

Dortmund, 06.04.2009, Alexander Völkel

„Pionier Heinrich Feisel, 1918 - 1943”, steht auf seinem Grabstein auf dem Ehrenfeld der Kriegs- und Bombenopfer auf dem Hauptfriedhof. Doch wer war dieser Mensch? Was war sein Schicksal? Einblicke gibt das Dortmunder Erinnerungsportal „ErPort”.

Info

Projekt „ErPort”

- Das Dortmunder Erinnerungsportal (www.erport-do.de) will alle Aktivitäten der heimischen Erinnerungsarbeit bündeln. Seit September 2008 sind schon 259 Artikel eingestellt worden. Abrufbar sind z.B. 120 Biographien von Dortmunder Juden, zu deren Gedenken Stolpersteine verlegt wurden.

- Entstanden ist das Portal durch die gute Zusammenarbeit von vielen Gruppen, die sich für den Zug der Erinnerung im Februar 2008 zusammengetan haben. Ziele sind, Infos zu sammeln, geschichtliche Zusammenhänge nachvollziehbar zu machen, Netzwerke zu schaffen und Ideen für eine zeitgemäße Erinnerungsarbeit weiterzuentwickeln.

Anlässlich der Ausstellung „Was damals Recht war” zur NS-Militärjustiz, die im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte (MKK) läuft, liefert das Dortmunder Erinnerungsportal eine lokale Ergänzung. Stadtarchiv-Mitarbeiter Dieter Knippschild hat in monatelanger Kleinarbeit die Schicksale von in Dortmund hingerichteten Militärangehörigen und die Biographien von zum Tode verurteilten Dortmunder Wehrmachtsangehörigen dokumentiert.

Mehr als 300 in Dortmund Hingerichtete hat er bislang ermittelt - allerdings nicht alles Militärangehörige. Auch so genannte „Volksschädlinge” wie Kriminelle, aber auch Widerstandskämpfer wurden hier ermordet. Die Zahl der namentlich bekannten Militär-Opfer nimmt noch immer zu: Allein in den letzten sechs Monaten fand er acht weitere Opfer. Die heimische Justiz hatte sich sogar selbst darum bemüht, selbst Verurteilte hinrichten zu können.
Eigenes Fallbeil war für Justiz „ökonomischer”

Denn diese mussten nach Köln zur Hinrichtung überstellt werden. Das „Problem” aus „arbeitsökonomischer” Sicht: Ein Dortmunder Staatsanwalt musste dabei sein. „Da war er aber immer einen ganzen Tag weg”, hat Knippschild recherchiert. Daher hatte der Bezirk Hamm um eine eigene Hinrichtungsstätte beantragt, die in Dortmund eingerichtet wurde. Die Begründung: Schon jetzt gebe es einen erheblichen Rückstau bei der Vollstreckung. Und die Zahl der Todesurteile werde weiter zunehmen, begründete die Justiz das Ansinnen, selber hinrichten zu können.

Eines der portraitierten Opfer: Heinrich Feisel. Foto: ErPort Eines der portraitierten Opfer: Heinrich Feisel. Foto: ErPort Foto: WR RALF ROTTMANN

„Dortmund hat eine zentrale Rolle in der Militärjustiz gespielt”, berichtet Dr. Stefan Mühlhofer, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache. Das Gerichtsgefängnis („Lübecker Hof”) gehörte von Mai 1943 bis Anfang 1945 zu den zentralen Hinrichtungsstätten des Reiches und war auch Wehrmachtsstandort von Großkampfverbänden mit eigenen Kriegsgerichten. Hier wurde eine erhebliche Anzahl von Todesurteilen der Militärjustiz vollstreckt. Zur Zeit sind 55 Opfer namentlich bekannt, so Knippschild.

Im „ErPort” finden sich aber auch Dortmunder, die andernorts mit dem Tode bestraft wurden. Ihre genaue Zahl ist kaum noch zu ermitteln; Mittlerweile sind aber 53 Opfer namentlich bekannt. Biographien - teils mit historischen Familienfotos und Dokumenten - finden sich auf der Seite. Eines der Opfer ist Heinrich Feisel: Wegen Ehe-Problemen verließ er seine Einheit und wurde an seinem 25. Geburtstag zum Tode verurteilt. Im Erinnerungsportal findet sich sogar sein Abschiedsbrief.