Werner Falk

Wuppertal, Deutschland
gestorben: 
15. Februar 1941 Hadamar

Vater Magnus Falk sucht am 10.3.1941 nach seinem Sohn. ALVR, 14283, Bl. 26 Falk, Magnus * 16. August 1869 in Sulingen wohnhaft in Berlin Deportation: ab Berlin 24. Oktober 1941, Litzmannstadt (Lodz), Ghetto 04. Mai 1942, Kulmhof (Chelmno), Vernichtungslager Die Ermordung jüdischer Psychiatrie-PatientInnen Der Anteil jüdischer PatientInnen in „Heil- und Pflegeanstalten“ im Deutschen Reich war gering. Ca 2.500-5.000 PatientInnen wurden vor 1939 registriert. Diese Menschen, eine vergleichsweise kleine Gruppe, waren die ersten Opfer der systematischen Ermordung von Jüdinnen und Juden. Ein Jahr vor dem Beginn der Massenmorde an jüdischen Menschen starben Jüdinnen und Juden in den Gaskammern. Ihre Ermordung war gewissermaßen der Vorlauf und die technische Erprobungsphase für die „Endlösung“ in den Vernichtungslagern der Aktion Reinhardt in Polen. Das T 4-Personal, geschult in Brandenburg, Grafeneck, Hartheim und Hadamar, übernahm später den Massenmord im Generalgouvernement in den Lagern Sobibor, Belzec und Treblinka. Die Ermordung jüdischer „Geisteskranker“ bildete daher ein wichtiges Bindeglied zwischen „Euthanasie“ und „Endlösung“. Der Konzentration jüdischer Kranker in den sogenannten Sammelanstalten ging eine Anordnung aus dem Reichsinnenministerium voraus. Im Juni 1938 wurde vom Reichsinnenministerium die Trennung von Juden und Nicht-Juden in den Anstalten angeordnet. Begründet wurde die Trennung mit der Gefahr einer „Rassenschändung“. Für die Rheinprovinz ordnete Prof. Creutz die Isolierung der jüdischen PatientInnen an. In einem zweiten Schritt wurden die Maßnahmen „über die öffentliche Fürsorge der Juden“ umgesetzt. Jüdische Mitglieder der gesetzlichen Kranken-und Sozialversicherungen wurden einfach aus ihnen ausgeschlossen, die Kosten für die Gesundheitsversorgung in den Anstalten wurden den jüdischen Kultusgemeinden und später der „Reichsvereinigung der Juden“ aufgebürdet. Jüdische PatientInnen sollten nur noch dann Anspruch auf öffentliche Fürsorge haben, wenn die privaten jüdischen Organisationen und Verbände dieses Geld nicht mehr aufbringen konnten.1 Mit einem Schreiben vom 24. Oktober 1939 wies der Staatssekretär im Reichsinnenministerium, Dr. Conti, alle Anstalten an, die Zahl der jüdischen PatientInnen zu melden. Eine Untersuchung der jüdischen PatientInnen nach Arbeitsfähigkeit und Krankheitsgrad wie bei anderen Patienten war nicht vorgesehen. Am 15. April 1940 ordnete ein Erlass des Reichsinnenministeriums die Erfassung aller jüdischen Anstaltsinsassen innerhalb von drei Wochen an. Dies wiederholte der für die „Euthanasie“-Maßnahmen im Innenministerium zuständige Dr. Herbert Linden im April und Juni 1940. Parallel mussten die jüdischen Gemeinden die ihnen bekannte Anzahl von jüdischen Anstaltsinsassen bei der Gestapo melden. Am 30. August 1940 ordnete das Reichsinnenministerium die Zusammenlegung aller jüdischer PatientInnen in eine Anstalt der Region an. Für den nördlichen Teil der Rheinprovinz wies das Reichsinnenministerium die Anstalt in Düsseldorf–Grafenberg an „die Pflege und Wartung der bei ihr einzuliefernden geisteskranken Juden bis zu ihren Abtransport“2 zu übernehmen. In Düren wurden 17 jüdische Insassen erfasst. Von den angeforderten 17 jüdischen Patienten wurden 15 nach Grafenberg ausgeliefert. Steinbrecher meldete Vollzug: Alle jüdischen Anstaltsinsassen wurden nach Grafenberg überführt „mit Ausnahme der [...] Dorothea Sara geb. Meyer, die [...] bereits [...] gestorben ist.“3 Nicht mittransportiert wurde Moritz Meyer, der in ein jüdisches Altersheim in Köln entlassen werden konnte.4 Um möglichst viele entlassungsfähige PatientInnen aus Düsseldorf-Grafenberg herauszuholen, bat am 10. Februar 1941 der jüdische Arzt Dr. Max Goldberg aus Köln um die „Namensliste des Sammeltransportes jüdischer Kranker sowie um den Transporttermin und das Transportziel.“5 Eine Antwort an Goldberg ist nicht bekannt.6 Der Transport war akribisch vorbereitet. Personal- und Krankenakten wurden bei der Verlegung den PatientInnen mitgegeben. „Geld–und Wertgegenstände sind bereitzuhalten. Die Eigentumskarten sind peinlichst genau auszufüllen, unter Beachtung der beigefügten Richtlinien, Männer weiß, Frauen gelb. [...] Die Geisteskranken sind mit einem Leukoplaststreifen zu versehen, auf dem der Name des betr. Kranken geschrieben steht und der auf dem Rücken zwischen den Schulterblättern befestigt wird. Außerdem muss der Name des betr. Kranken in der Kleidung eingenäht sein.“7 Am 14. und 15. Februar 1941 holten die grauen Busse der Gemeinnützigen Krankentransport G.m.b.H 91 jüdische Menschen in Grafenberg ab. Ihr Verbleib ist unbekannt. Offiziell wurden sie in eine Anstalt im sogenannten Generalgouvernement (im besetzten Polen) gebracht. Tatsächlich aber wurden sie mit großer Wahrscheinlichkeit in den Gaskammern von Hadamar ermordet.8 Um die Vertuschung abzusichern, waren in der T4-Behörde zwei Angestellte beauftragt, Trostbriefe und Sterbeurkunden an die Angehörigen der jüdischen Kranken zu verfassen, die ins besetzte Polen gebracht wurden und von dort mit polnischem Stempel abgesendet wurden. Absender war u.a. die polnische „Irrenanstalt Cholm“, die zu diesem Zeitpunkt gar keine Insassen mehr hatte. Die polnischen PatientInnen waren bereits am 12. Januar 1940 von den Deutschen erschossen worden. Mit den gefälschten Sterbeurkunden erwirtschaftete die T 4-Verrechnungsstelle in Berlin erhebliche Gewinne, weil das Todesdatum zu Lasten der „Reichsvereinigung der Juden“ fingiert wurde. Über 350.000 RM aus dem Besitz der deutschen Juden wurden für den angeblichen Aufenthalt jüdischer PatientInnen in der „Irrenanstalt Cholm“ bis teilweise Ende 1942 in Rechnung gestellt.9 Die Ermordung jüdischer PatientInnen aus dem Rheinland spielte in den Prozessen nach dem Krieg keine Rolle. In den Nürnberger Prozessen gelang es den hauptverantwortlichen Mördern aus dem T 4-Tötungsapparat sogar, die Ermordung von behinderten Jüdinnen und Juden insgesamt aus dem Prozess herauszuhalten. Auch in den Prozessen der westdeutschen Justiz gegen die Verantwortlichen im Rheinland führten diese Morde nicht zur Bestrafung der Täter. Im Prozess gegen die Klinikleitung aus Andernach stellte das Landgericht Koblenz fest, die Angeklagten seien „gutgläubig“ gewesen: „Hinsichtlich dieser 58 Juden konnten daher die Angeklagten nicht verurteilt werden.“10

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