Fritz Brass

Wuppertal-Elberfeld, Deutschland
gestorben: 
20. November 1944 KZ Mauthausen
Opfergruppe: 
Beruf: 
Malermeister

Aus dem Kemna-Bericht des heute leider weitgehend
vergessenen Fritz Brass:
"Zwei Mann packten mich und legten mich lang hin auf
die Bank. Der vom Pult trat vor, nahm meinen Kopf
zwischen seine Beine und drückte mir dann die Kehle
zu, so dass ich weder schreien noch atmen konnte. Ein
zweiter nahm meine Beine und hielt dieselben fest.Von
der Seite her hagelten die Schläge. Ich glaubte ersticken
zu müssen, sah nur noch Flimmern vor den Augen.
Man stellte mich wieder auf die Füße und schob mich vorwärts in die Wachstube. Einer meiner
Peiniger rief: „Hier guckt euch den Kerl mal an. Das ist ein Sozialdemokrat. Sonst hatten die
Kerls immer die große Schnauze. [...] Dies Erleben hat in mir die Überzeugung gefestigt, dass
die 14 Jahre unter der weimarischen Verfassung bald wie ein goldenes Märchen in der
Erinnerung des deutschen Volkes erscheinen werden. [...] Alle guten Geister, behütet mich vor
solchen Erneuerern der Barbarei!"

 

 

Fritz Braß: Kemna- Bericht 1933/34, kommentiert und mit Anmerkungen
versehen von David Magnus Mintert, Wuppertal 2008, ISBN 978-3-940199-01-0,
Euro 8,00
Schon 1934 verfasste der Kemna-Häftling Fritz Braß seine Erinnerungen an das berüchtigte
Konzentrationslager Kemna und hat damit eine hochgradig authentische
Quelle hinterlassen. Die Kommentare und Anmerkungen des Historikers David M.
Mintert skizzieren den aktuellsten Stand der Forschung und korrigieren zahlreiche
Legenden. Das Buch ist als Klassenlektüre geeignet, vor allem in Kombination mit
der „Kemna-Kiste“ (s. Materialien).

Persönliche Daten Familienname: Brass Vorname: Fritz Geschlecht: m Geburtsdatum: 19.7.1889 Geburtsort: Elberfeld Beruf: Malermeister Todesdatum: 20.11.1944 Todesursache: Mord / Tod im KZ Adressangaben Jahr Straße Nr. 1933 Homb?chel [E: Homb?cheler] 44 Angaben zur Mitgliedschaft in Organisationen Organisation Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Angaben zur Verfolgung Beginn Ende Art Ort Grund 25.10.1933 01.04.1934 Schutzhaft KZ Kemna Wuppertal, Gef?ngnis Politisch / Staatsfeindliche Einstellung 14.12.1936 20.04.1939 Schutzhaft KZ Lichtenburg KZ Buchenwald Politisch / Arbeitsvertragsbruch 14.02.1944 20.11.1944 Schutzhaft KZ Mauthausen Politisch / Staatsfeindliche Einstellung

Quellenhinweis: 

Kommentare

http://www.wz-newsline.de/lokales/wuppertal/fritz-brass-wuppertals-verge...

Fritz Brass: Wuppertals vergessener Gegner der Nazis

Ein Gastbeitrag von Michael Okroy

Zum 70. Jahrestag des Attentats auf Hitler erinnert Michael Okroy an den Wuppertaler Sozialdemokraten Fritz Brass (1889-1944).

Blick auf das Mahnmal des Konzentrationslagers Kemna. Dort war Fritz Brass – von dem kein Foto erhalten ist – 1933/34 vier Monate lang interniert. Seine Erlebnisse dort schrieb er – ein einzigartiges Zeugnis – in dem 64-seitigen „Brass-Bericht nieder. Das zweite Bild zeigt...

Wuppertal. Am heutigen Sonntag, 20. Juli, jährt sich zum 70. Mal das gescheiterte Attentat auf Adolf Hitler. Geplant wurde es von national-konservativen Angehörigen der Wehrmacht, des Adels und des Bürgertums. Den Anschlag selbst verübte Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Als Generalstabsoffizier lebte er von 1939 bis 1943 mit seiner Familie in Wuppertal, in der Lönsstraße 25. Nicht nur deshalb lädt auch die Stadt Wuppertal für Sonntag, 15 Uhr zu einer Gedenkstunde an das Attentat vom 20. Juli in den Deweerth’schen Garten ein.

In den Adenauer-Jahren galt der Widerstand von links als fragwürdig

Derartiges war nicht immer Teil der Erinnerungskultur: In der jungen Bundesrepublik galten die Verschwörer des 20. Juli 1944 lange als Verräter, fanden erst Jahre später allmählich Anerkennung. Diese ging aber einher mit einer Idealisierung des 20. Juli zulasten des linksorientierten Widerstands. Die in der Adenauer-Ära bewusst betriebene Spaltung in einen vorbildlichen militärisch-konservativen und einen fragwürdigen kommunistischen Widerstand prägte lange die Vergangenheitspolitik in Westdeutschland.

Dadurch wurden solche Widerständler ins Abseits gedrängt oder vergessen, die außerhalb fester Organisationen eine linksorientierte Weltanschauung ausgebildet und sich zu mutigem Protest entschieden hatten. Wie zum Beispiel Friedrich „Fritz“ Brass aus Elberfeld. Sein konsequenter Widerstand gegen die Nazis ist lange nicht wertgeschätzt und er selbst als Person nahezu vergessen worden.

Ein Schmähgedicht auf Hitler brachte Brass ins KZ Kemna

Brass, 1889 geboren und unverheiratet geblieben, betrieb als Malermeister einen kleinen Betrieb und lebte mit seiner Schwester auf dem Ölberg. Anders als die Männer des 20. Juli war das SPD-Mitglied überzeugter Demokrat und stand fest zur Weimarer Republik. Die Konsequenzen seiner Souveränität bekam Fritz Brass erstmals im Oktober 1933 zu spüren.

Hitler hatte damals den Reichstag aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Dagegen wollte Brass offenbar ein Zeichen setzen: gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und die allgegenwärtige NS-Propaganda. Er verfasste ein Gedicht, in dem er Hitler einen „Sklavendienst-Vermittler“ nannte, kopierte es und klebte die Zettel an Häuserwände am Arrenberg. Brass wurde dabei beobachtet, angezeigt, verhaftet.

Er kam am 27. Oktober in das berüchtigte „SA-Schutzhaftlager“ Kemna, wo ihn die SA einer brutal-gewalttätigen Aufnahmeprozedur unterzog. Im Januar 1934 entlassen, schrieb Brass seine Erlebnisse auf den 64 Seiten eines Schulheftes nieder. Sein Kemna-Bericht (siehe Kasten) beschreibt nicht nur erschreckend anschaulich die Gewalt- und Demütigungsmethoden der SA-Wachleute und den zermürbenden Alltag in einem der ersten deutschen Konzentrationslager, sondern auch – oft mit spöttisch-ironischem Unterton – den moralischen und zivilen Tiefstand seiner Bewacher, den „Erneuerern der Barbarei“.

Auch nach der Haft-Entlassung blieb Fritz Brass unbeugsam

Nach seiner Entlassung blieb Fritz Brass, von dem leider nicht einmal ein Bild überliefert ist, unbeugsam. Er lehnte den von der Maler-Innung erhobenen Spendenbeitrag zugunsten des „nationalen Wiederaufbaus“ ab. Im Herbst 1936 verweigerte er bei einer Veranstaltung der Kreishandwerkerschaft den Hitler-Gruß und erklärte, er wolle mit dem „Dritten Reich“ nichts zu tun haben. Die Innungsleitung zeigte ihn bei der Gestapo an, die ihn ins Gefängnis steckte und dann in das KZ Buchenwald bei Weimar verschleppte.

Brass erlebte dort am eigenen Leib, was die Nazis mit der zynischen, über dem Lagertor angebrachten Inschrift „Jedem das Seine“ meinten. Nach 638 Tagen Haft wurde Brass entlassen. Er stand seitdem unter verschärfter Kontrolle der Wuppertaler Gestapo. Er kam in einer Glaserei unter, widersetzte sich aber, der Arbeitsverpflichtung in vollem Umfang nachzukommen.

Nach seiner erneuten Verhaftung im Februar 1944 galt er als „kaum noch erziehbarer Schutzhäftling“ und wurde unter den härtesten Haftbedingungen in das KZ Mauthausen deportiert. Dort ist Fritz Brass, der standfeste Demokrat und Republikaner, im November 1944 umgekommen: Offiziell wegen „allg. Sepsis“ – in Wahrheit als Folge schwerer Misshandlung und völliger Entkräftung durch härteste Zwangsarbeit.

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