Kemna


Kemna Германия

Konzentrationslager in Wuppertal

http://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Kemna

KZ Kemna.

Die Ausweglosigkeit wurde losgelassen
Und das Verbrechen lief um seine Frist
Die Scheußlichkeit ist einfach nicht zu fassen
die bei der Wupper geschehen ist! 
 (Gedicht: Emil Ginkel)

„Die Situation in Wuppertal war, im Dezember 1933, dass die ganze Bevölkerung unter einem Druck litt, denn nach Kemna kamen nicht nur die wirklichen Staatsfeinde wie Kommunisten etc., sondern eben auch derjenige, der zu manchen Verhältnissen die wirkliche Wahrheit aussprach“.1

Mit Unterstützung der Bezirksregierung in Düsseldorf und der SA-Gruppe Niederrhein konnte Veller am 5. Juli 1933 das „Konzentrationslager Wuppertal-Barmen“, so der offizielle Name, in einer ehemaligen Putzwollefabrik an der Kemna einrichten.2 Das KZ Kemna wurde das größte Lager für Schutzhafthäftlinge für den gesamten Regierungsbezirk. Nach neusten Forschungen waren dort von Juli 1933 bis Februar 1934 insgesamt. 2000 Antifaschisten und Aktivisten der regionalen Arbeiterbewegung inhaftiert. Die 55-köpfige Wachmannschaft war zusammengesetzt aus SA-Männern aus Mettmann, Barmen und Elberfeld. Lagerkommandant wurde ab Mitte Juli 1933 bis zu seiner Absetzung Anfang Dezember 1933, der 28 Jahre alte Kaufmann und SA-Führer Alfred Hilgers. Hilgers hatte u.a. die Besetzung des Wuppertaler Gewerkschaftshauses am 2. Mai 1933 geleitet.
Das KZ Kemna hatte zentrale Funktionen für die Zerstörung der Wuppertaler Arbeiterbewegung: Neben der Internierung von Funktionären der KPD und SPD mit dem Ziel, sie aus ihren Lebenszusammenhängen zu reißen und sie der Willkür der SA auszusetzen, um sie einzuschüchtern und ihren Willen zum weiteren Widerstand zu brechen, wurde das KZ Kemna zum Verhör- und Folterzentrum der gesamten Region. Die relativ abgeschiedene Lage am Stadtrand in Verbindung mit einer brutalen Wachmannschaft zog Ermittlungsbeamte aus der ganzen Region an. Teilweise wurden die Gefangenen von den Ermittlungsbeamten nach den Folterungen sofort wieder mitgenommen.3 Die Folterer der SA und der Polizei demütigten und misshandelten ihre Opfer bestialisch. Die Schutzhäftlinge wurden von Beamten der politischen Abt. der Kripo in einen als „Büro“ bezeichneten Raum verbracht, um dort gemeinschaftlich mit dem SA-Wachpersonal gefoltert zu werden.4 Zuvor wurden die Schutzhäftlinge des Öfteren durch eine vom SA-Wachpersonal gebildete Gasse getrieben und dabei geschlagen. Unzählige Häftlinge erlitten in der Kemna schwere Folterungen und Verletzungen. Nach übereinstimmenden Aussagen gab es eine Reihe von Selbstmordversuchen. Willi Spicher erinnerte sich z.B. an einen Häftling, der zum Verhör geholt wurde und aus Verzweiflung aus einem Fenster im dritten Stock der Fabrik sprang. „Er musste mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden (…) Manche wollten lieber sterben, als den SA-Folterknechten noch einmal ausgeliefert zu sein. Bei `großen´ Verhören stellten die SA-Leute in der Wache das Radio auf volle Lautstärke, um das Schreien der gefolterten Häftlinge zu übertönen“5
Die Gefangenen im KZ-Kemna waren zum größten Teil kommunistische Aktivisten und Funktionäre. Nach David Minterts Untersuchung waren von den 2000-2500 Häftlingen 79 % Kommunisten und 9 % Sozialdemokraten. Einer der prominentesten Wuppertaler Sozialdemokraten, der Redakteur der "Freien Presse", Oskar Hoffmann wurde besonders gedemütigt: „Schon sein Empfang im Lager war für die SA ein Freudenfest. Sie umtanzten den alten Mann mit wahrem Triumphgeheul wie eine Indianerhorde ihren Gefangenen am Marterpfahl. Das ehrwürdige Aussehen Hoffmanns durch seinen breiten Bart und großen schwarzen Hut gab ihnen den Anlass, ihn als "Pastor Hoffmann" zu ironisieren. Dieser Bart bot ihnen willkommenen Anlass zu einer besonderen Schikane. Vom Schnurrbart wurde ihm die linke Hälfte, vom Backenbart die rechte Hälfte abgeschnitten. Durch das graue Haupthaar zogen sie mit einer Maschine eine Längsfurche von der Stirn bis in den Nacken.“6
Eine besondere Foltermethode, die sich in die Erinnerung vieler Lagerinsassen eingebrannt hat, waren die „Kemna-Häppchen“. Dabei wurden die Opfer gezwungen, Salzheringe zu essen, die zusätzlich mit Stauferfett, Petroleum, Rübenkraut und Salz oder Kot beschmiert waren. An den erzwungenen Verzehr der Heringe schloss sich meist eine Durstfolter an. Eine andere spezielle Foltertechnik war es, Häftlinge mit Gewalt in viel zu kleine Fabrik-Kleiderspinde, die „Kemna-Särge“ zu pressen.
Zwei Menschen starben an den Spätfolgen der erlittenen Misshandlungen: Otto Böhne, KPD- Stadtverordneter, der in der Kemna tagelang gefoltert und misshandelt wurde, wurde in furchtbar zugerichtetem Zustand, er hatte schon wochenlang Blut im Urin, im Januar 1934 in das KZ Börgermoor verlegt, wo er am 25. Februar 1934 an den Folgen der erlittenen Misshandlungen verstorben ist.7 Karl Erlemann, Schuhmacher aus Radevormwald wurde in Folge von schwersten Misshandlungen in die Staatliche Irrenanstalt nach Langenfeld-Galkhausen eingeliefert und starb am 9. Januar 1934 an „Herzlähmung“.8 Der dritte Tote war Hermann Göbel. Er wurde im Alter von 13 Jahren am 26. August 1933 von der SA erschossen, weil er aus Neugier eine Waffensuche in einem Teich in Remscheid beobachtete.9
Im Frühjahr 1934 musste das KZ Kemna geschlossen werden. Vellers Gewaltregime war nicht mehr tragbar, die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungsverfahren gegen die Wachmannschaft wegen den Folterungen und Misshandlungen eingeleitet, die gleichwohl letztendlich nicht zu einer Anklageerhebung führten, sondern mit der Versetzung des Staatsanwaltes endeten.10 Ein Teil der Häftlinge war bereits vor Weihnachten durch die „Weihnachtsamnestie“ frei gekommen. Die anderen Häftlinge mussten ihren Leidensweg in den Moorlagern im Emsland fortsetzen.